Rz. 570

Der Zinsertrag ist abhängig von dem Zinsfuß, den der Geschädigte langfristig[480] nachhaltig erzielen kann.[481] Die gängigen Tabellen enthalten Berechnung für Zinsfüße von 3,5 % bzw. 4 % bis 7 %.

 

Rz. 571

Die Relevanz des der Abzinsung zugrunde zu legenden Zinsfußes ist von der Laufzeit abhängig: Bei kurzen Laufzeiten ist die Relevanz eher gering; hier ist das Augenmerk auf die anderen Rechenaspekte zu legen.

 

Rz. 572

Abbildung 1.3: Entwicklung des Kapitalisierungsfaktors in Abhängigkeit von Laufzeit und Zinsfuß

 

Rz. 573

Es ist ein realistischer[482] Zinsfuß zugrunde zu legen. Abzustellen ist nicht auf Sparbuchzinsen, sondern auf den Geld- und Wertpapiermarkt, und zwar auch außerhalb mündelsicherer Anlagen.

 

Rz. 574

Der BGH[483] hielt 1986 bei der Ermittlung des Kapitalwertes einer Schadensersatzrente im Rahmen der Erschöpfung des Deckungssummenkapitales (§ 155 VVG a.F.) einen langfristigen Durchschnittszinsertrag von 8 % für angemessen.

 

Rz. 575

Ein Zinsfuß von 5,5–6 % wird vom Gesetzgeber und den Finanzverwaltungen als Ausgangspunkt der Berechnung von Kapitalwerten angenommen.[484] Zu den Haftungshöchstsummen (z.B. § 12 StVG) siehe Rdn 576.

 

Rz. 576

Die Steuergesetzgebung geht bei der Umstellung der Pensionsrückstellung von einer Mindest-Renditeerwartung von 6 % aus (§ 6a Abs. 3 S. 3 EStG[485]). Bei der Kapitalabfindung im Rahmen des § 12 Abs. 1 StVG a.F.[486] (gültig für Schadenfälle bis 17.12.2007)[487] ist das noch vorhandene Kapital bei unbegrenzter Laufzeit mit 6 % zu kapitalisieren; der Höchstbetrag der Jahresrente entspricht jeweils 6 % des Kapitalhöchstbetrages.[488] Ähnliches gilt für die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen.[489] Der BFH[490] hält die Höhe der Nachzahlungszinsen, die für Verzinsungszeiträume des Jahres 2013 geschuldet werden, für verfassungsgemäß. § 238 AO sieht in seiner Neufassung zum 22.7.2022[491] eine Überprüfung des Zinssatzes vor.

 

Rz. 577

Zwar beträgt der gesetzliche Zinsfuß nach § 246 BGB nur 4 %. Nach §§ 288 Abs. 1, 291 BGB wird der Basiszinssatz (§ 247 Abs. 2 BGB) allerdings um weitere 5 Prozentpunkte aufgestockt.[492] Siehe § 6 Rdn 262 f.

 

Rz. 578

Rechtsprechung[493] und Literatur[494] legen in der Praxis regelmäßig einen Zinsfuß von 5 % zugrunde.[495] Dies gilt auch für die Gerichte, u.a. bei der Abwägung von Schmerzensgeldrenten.

 

Rz. 579

Sind an einen Anspruchsberechtigten Rentenzahlungen zu erbringen und übersteigt der Kapitalwert der Rente die Versicherungssumme, ist der in diesem Zusammenhang maßgebliche Rentenwert unter Zugrundelegung des Rechnungszinses, der die tatsächlichen Kapitalmarktzinsen in Deutschland berücksichtigt, zu berechnen. Zugrunde zu legen ist der nach § 8 Abs. 1 KfzPflVV über die letzten zehn Jahre ermittelte arithmetische Mittelwert der Umlaufrenditen der öffentlichen Hand (Tabelle 6.43, § 6 Rdn 266), dies entsprechend den Veröffentlichungen der Bundesbank.

[480] BGH v. 22.1.1986 – IVa ZR 65/84 – MDR 1986, 365 = NJW-RR 1986, 650 = VersR 1986, 392 (ergänzende Hinweise VersR 1986, 552) = zfs 1986, 182.
[481] BGH v. 22.1.1986 – IVa ZR 65/84 – MDR 1986, 365 = NJW-RR 1986, 650 = VersR 1986, 392 (ergänzende Hinweise VersR 1986, 552) = zfs 1986, 182 (Es ist ein realistischer Zinsfuß zugrunde zu legen, d.h. also ein Zinsfuß, der der Effektivverzinsung entspricht, die auf dem Kapitalmarkt für Rentenwerte von vergleichbarer Laufzeit erzielt wird. Nicht abzustellen ist etwa auf die im Unfallzeitpunkt üblichen Zinssätze, sachgerechter ist vielmehr die Abstellung auf einen langfristigen Durchschnittssatz).
[482] BGH v. 22.1.1986 – IVa ZR 65/84 – VersR 1986, 552 (Ergänzung der Urteilsgründe der zuvor bereits unvollständig abgedruckten Entscheidung in VersR 1986, 392).
[483] BGH v. 22.1.1986 – IVa ZR 65/84 – VersR 1986, 552 (Ergänzung der Urteilsgründe der zuvor bereits unvollständig abgedruckten Entscheidung in VersR 1986, 392) = MDR 1986, 365 = NJW-RR 1986, 650 = zfs 1986, 182. Siehe auch BGH v. 28.11.1979 – IV ZR 83/78 – BB 1980, 126 = DAR 1980, 115 = MDR 1980, 387 = VersR 1980, 132 = VRS 58, 178; BGH v. 28.11.1990 – IV ZR 233/89 – MDR 1991, 512 = NJW-RR 1991, 984 = r+s 1991, 115 (nur Ls.); 224 = VerBAV 1991, 312 = VersR 1991, 172 = VRS 58, 178 = zfs 1991, 138; OLG München v. 20.12.2001 – 24 U 15/01 – r+s 2003, 388 = zfs 2003, 176 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 14.1.2003 – VI ZR 86/02) (Berechnung des Kapitalwertes nach § 8 Abs. 1 KfzPflVV für den Zeitraum 1986 – 1996: 7 %).
[484] § 19 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung v. 19.12.1974 (BGBl I 1974, 3610 ff.) fasste § 6a Abs. 3 S. 3 EStG dahingehend, dass bei der Berechnung des Teilwertes der Pensionsverpflichtungen ein Rechnungszinsfuß von 5,5 % anzuwenden ist (BGBl I 1974, 3620). Durch das 2. Haushaltsstrukturgesetz v. 22.12.1981, BGBl I 1982, 235 wurde dieser Rechnungszinsfuß dann auf 6 % erhöht (zum zeitlichen Geltungsbereich siehe § 52 Abs. 8 EStG). Dieser Zinsfuß galt bis mindestens 1.3.2024 (§ 6a Abs. 3 S. 3 EStG, zuletzt geändert durch Art. 5 ...

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