Rz. 485

Einen eigenen Ersatzanspruch verschaffen den gegenüber einem Getöteten im Verletzungszeitpunkt[375] Unterhaltsberechtigten trotz ihrer nur mittelbaren Betroffenheit die § 28 Abs. 2 AtG, § 844 Abs. 2 BGB, § 5 Abs. 2 HaftPflG, § 35 Abs. 2 LuftVG, § 10 Abs. 2 StVG, § 7 Abs. 2 ProdHaftG, § 12 Abs. 2 UmweltHG.

 

Rz. 486

"Gesetzlicher Unterhalt" i.S.v. § 844 Abs. 2 BGB ist, was im konkreten Fall das Ergebnis eines Unterhaltsprozesses der unterhaltsberechtigten Person gegen den Unterhaltspflichtigen wäre.[376] Eine nur auf Vertrag beruhende Unterhaltspflicht genügt nicht den Anforderungen, die § 844 Abs. 2 BGB an die Schadenersatzpflicht des Schadenersatzpflichtigen gegenüber dem mittelbar Geschädigten stellt.[377] Der Unterhalt setzt sich (rechtlich gleichberechtigt) zusammen aus

dem Barunterhalt (der wirtschaftlichen Unterstützung durch Einkommen) und
dem Naturalunterhalt (der persönlichen Zuwendung durch Betreuung, Erziehung und Haushaltsführung).
 

Rz. 487

Für die Höhe des Schadenersatzanspruches aus § 844 Abs. 2 BGB (und den vergleichbaren Vorschriften der anderen Haftungsgesetze) kommt es allein auf den gesetzlich geschuldeten, und nicht auf einen tatsächlich gewährten, Unterhalt des Getöteten an.[378]

 

Rz. 488

Die Ersatzpflicht besteht für die gesamte Zeit, für die dem Unterhaltsberechtigten der Unterhalt infolge des Unfalltodes tatsächlich entzogen ist. Sie beginnt erst mit dem unfallbedingten Tod;[379] siehe auch Rdn 289. Unterhaltsrückstände sind daher nicht zu ersetzen.[380]

 

Rz. 489

Mitarbeitspflichten der Hinterbliebenen mindern den Anspruch.

 

Rz. 490

 

Übersicht 1.7: Vereinfachte Abrechnungsmethode zum Barunterhaltsschaden

1. Schritt   für Unterhaltszwecke verfügbares fiktives Nettoeinkommen des Getöteten
  ./. Vermögensbildung
2. Schritt ./. Fixkosten vor dem Tod
  = verteilbares Einkommen
     
3. Schritt  

Anteil am verteilbaren Einkommen

(Verteilung des verbleibenden Einkommens auf den Getöteten und die unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen nach Quoten)
4. Schritt +

Anteil an fixen Kosten nach dem Tode

(Erhöhung der danach auf die unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen entfallenden Beträge um die nur unter ihnen aufzuteilenden fixen Kosten)
  = Barunterhaltsschaden
 

Rz. 491

Auch der Unterhaltsschaden einer Witwe, die neben ihrem getöteten Mann zum Familienunterhalt beigetragen hat, kann nach der "schlichten Methode" berechnet werden:[381]

 
(mutmaßliches) Einkommen des Getöteten   2.000 EUR        
tatsächliches Einkommen der hinterbliebenen Witwe + 1.000 EUR        
Familieneinkommen   3.000 EUR        
abzüglich fixe Kosten (Eheleute) vor Tod 800 EUR        
zum Unterhalt zur Verfügung stehendes Einkommen   2.200 EUR   2.200 EUR    
Unterhaltsanteil Hinterbliebene 50 %       1.100 EUR    
zuzüglich fixe Kosten (reduziert nach Tod)     + 700 EUR    
entgangener Barunterhalt       1.800 EUR   1.800 EUR
abzüglich Nettoeinkommen Hinterbliebener (Vorteilsausgleich)         1.000 EUR
Unterhaltsanspruch:           800 EUR
[375] Das die Unterhaltspflicht begründende Verhältnis muss bereits im Zeitpunkt der Körperverletzung des Unterhaltspflichtigen und nicht erst im Zeitpunkt seines Todes bestanden haben (BGH v. 13.2.1996 – VI ZR 318/94 – BGHZ 132, 39 = DAR 1996, 357 = JR 1996, 505 [Anm. Fuchs] = LM BGB § 844 Abs. 2, Nr. 93 = MDR 1996, 799 = NJW 1996, 1674 = NVwZ 1996, 824 = NZV 1996, 229 = r+s 1996, 311 = SGb 1996, 328 = SP 1996, 168 = VersR 1996, 649 = VRS 91, 267). Daher entfällt ein Ersatzanspruch einer Verlobten, die den bereits Verletzten später heiratet, ebenso ein Anspruch von nach dem haftpflichtigen Ereignis gezeugten Kindern (OLG Hamm v. 23.9.1996 – 6 U 70/94 – r+s 1997, 65).
[376] BGH v. 25.4.2006 – VI ZR 114/05 – (Berichtigungsbeschl. v. 20.6.2006 – VI ZR 114/05) BGHReport 2006, 1171 = DAR 2007, 22 (nur Ls.) = FamRZ 2006, 1108 (Anm. Luthin) = MDR 2006, 1409 = NJW 2006, 2327 = NJW-Spezial 2006, 402 = NZV 2006, 467 = r+s 2006, 519 (Anm. Bliesener) = SP 2006, 310 = VersR 2006, 1081 = VRS 111, 327 = zfs 2006, 677. Soergel-Beater, 13. Aufl. 2005, § 844 BGB Rn 23.
[377] BGH v. 25.4.2006 – VI ZR 114/05 – (Berichtigungsbeschl. v. 20.6.2006 – VI ZR 114/05) BGHReport 2006, 1171 = DAR 2007, 22 (nur Ls.) = FamRZ 2006, 1108 (Anm. Luthin) = MDR 2006, 1409 = NJW 2006, 2327 = NJW-Spezial 2006, 402 = NZV 2006, 467 = r+s 2006, 519 (Anm. Bliesener) = SP 2006, 310 = VersR 2006, 1081 = VRS 111, 327 = zfs 2006, 677.
[378] BGH v. 5.7.1988 – VI ZR 299/87 – BB 1988, 2061 = DAR 1989, 21 = DB 1988, 2456 (nur Ls.) = MDR 1988, 1047 = NJW-RR 1988, 1238 = NZV 1988, 217 = VersR 1988, 116 = VRS 75, 416 = zfs 1988, 383.
[379] BGH v. 12.1.2016 – VI ZR 491/14 – BeckRS 2016, 3833 = MDR 2016, 461 = NJW-RR 2016, 793 = NJW-Spezial 2016, 169 = openJur 2016, 502 = r+s 2016, 205 = SP 2016, 260 = VersR 2016, 415 = zfs 2016, 440 (Anm. Diehl) (Gemäß § 843 Abs. 2 BGB, § 760 Abs. 2 BGB ist eine Geldrente für drei Monate im Voraus zu zahlen. Der vom Schuldner einzuhaltende Zahlungsrhythmus beginnt aber erst mit dem anspruchsbegründenden Ereignis ...

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