Rz. 3
Regelmäßig wiederkehrende Schadenzahlungen sind, auch unter dem Aspekt der Effizienz und kostendeckenden Verwaltung betrachtet, kein wünschenswerter Zustand bei der Schadenregulierung.
Rz. 4
Die Kapitalisierung künftiger Forderungen aus Schadenfällen dient der wirtschaftlichen Erledigung von Regressfällen im Interesse aller Beteiligten. Die Abfindung eines Drittleistungsträgers wird dabei nicht immer von denselben Kriterien bestimmt wie die Abfindung des unmittelbar Geschädigten. Gesetzliche Bestimmungen über die Modalitäten einer Kapitalisierung haftpflichtrechtlicher Schadenersatzansprüche existieren nicht. Für die außergerichtliche Kapitalisierungsberechnung gelten keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zur gerichtlichen Berechnung.
Rz. 5
Es besteht i.d.R. ein allseitiges Interesse an einer den Schadenfall endgültig abschließenden Regulierung. Das Abschlussinteresse, insbesondere bei Personenschäden, hat nicht allein der Haftpflichtversicherer, der damit Klarheit über sein Regulierungsvolumen erhält; auch dem Geschädigten bietet der Vergleich Vorteile, nicht zuletzt mit Blick auf den Genesungsprozess und Heilungserfolg (siehe auch § 2 Rdn 1).
Rz. 6
Dieses (wirtschaftliche) Interesse gilt einerseits für die beteiligten Haftpflichtversicherer und Sozialleistungsträger. Aber auch dem Geschädigten andererseits ist regelmäßig mit einer endgültigen Abfindung gedient. Die Praxis zeigt häufig eine deutliche psychische Stabilisierung des Ersatzberechtigten, wenn die Schadenregulierung für ihn endgültig abgeschlossen ist.
Rz. 7
Der richtige Zeitpunkt für die Vereinbarung einer Kapitalabfindung richtet sich nach den Einzelfallumständen. Prägend ist neben der Klärung der Haftungsfrage vor allem die Überschaubarkeit der gesundheitlichen und gegebenenfalls der beruflichen Situation des Verletzten. Wegen der unterschiedlichen Versorgungssysteme ist im Hinblick auf die bis zum Abfindungszeitpunkt verstreichende Zeit stets der Forderungsberechtigung ausreichend Beachtung zu schenken (siehe Rdn 43 ff.; § 2 Rdn 54 ff.).
Rz. 8
Der Abschluss einer Vereinbarung erfolgt regelmäßig im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs, manchmal allerdings auch durch Prozessvergleich unter Mitwirkung eines Gerichts. Soweit die Kapitalabfindung durch Urteil ausgesprochen wird, muss das erkennende Gericht nachvollziehbar darlegen, von welchen künftigen wirtschaftlichen Faktoren es bei der Schätzung nach § 287 ZPO ausging.
Rz. 9
Mittlerweile (an-)erkennt auch die Rechtsprechung die Sinnhaftigkeit und das Interesse von Geschädigtem und Schädiger an einer Erledigung von Schadenersatzansprüchen durch Kapitalabfindung, wenngleich gerade die BGH-Rechtsprechung zum Forderungsübergang auf Drittleistungsträger (insbesondere zu SHT [siehe im Übrigen § 2 Rdn 1292, dort Fn 1321]; Arbeitsverwaltung [siehe § 2 Rdn 1304 f.]; Krankenkasse und Versorgungsverwaltung) die Kapitalisierung für den Schadenersatzpflichtigen erschwert und unnötig mit Risiken behaftet.
Rz. 10
Die Schutzbedürftigkeit des Haftpflichtigen wird nicht selten vernachlässigt. Auch wenn vielfach für einen Schadenersatzpflichtigen eine (Haftpflicht-)Versicherung sein Portemonnaie darstellt, ist diese Geldquelle doch nicht unerschöpflich. Ist die Deckungssumme erreicht, zahlt danach der Täter selbst aus seinem Privatvermögen. Ist dann das finanzielle Leistungsvermögen (z.B. einer Hebamme oder eines Arztes) erschöpft, verbleibt häufig nur noch die Insolvenz. Der Umstand der unmittelbaren Zahlungsverpflichtung des Täters selbst scheint Gerichten nicht immer gegenwärtig; in manchen Zweifelsfällen kann der Umstand unmittelbarer Zahlungsverantwortlichkeit durchaus prozessrelevant sein und ist daher vom Vertreter des Inanspruchgenommenen auch vorzutragen und aktenkundig zu machen. Auch Regresseinstellungen sind in diesem Zusammenhang zu bedenken.
Rz. 11
Siehe auch Rdn 86 ff., § 2 Rdn 396.
Rz. 12
Soweit kein Rechtsanspruch auf eine Kapitalabfindung besteht, sind die Beteiligten (als Ausfluss der Vertragsfreiheit) nicht gehindert, im Wege der freien Verhandlung eine solche zu vereinbaren.