Rz. 245
Die Kapitalisierungstabellen berücksichtigen nur die durchschnittliche und nicht die individuelle Lebenserwartung. Einer konkreten – möglicherweise auch erst durch den Unfall verursachten – gesundheitlich verkürzten Lebenserwartung ist durch Kürzung des Kapitalisierungsfaktors Rechnung zu tragen.
Rz. 246
Die Tabellen berücksichtigen allein nur den Tod (letaler Faktor) bei durchschnittlicher statistischer Lebenserwartung, nicht allerdings u.U. weiter vorhandene non-letale Faktoren, die ebenfalls ein Ende der Rentenzahlung zur Folge haben können. Das sonstige allgemeine Lebens- und Gesundheitsrisiko eines Geschädigten ist zusätzlich zu berücksichtigen, ebenso der Umstand, dass Unfallverletzungen durchaus die statistische Lebenserwartung verkürzen (siehe auch Rdn 271).
Rz. 247
Die Leibrententabellen (Rdn 17 f.; § 6 Rdn 7 ff.) berücksichtigen im Gegensatz zu Zeittabellen weder ein unfallfremdes Vorversterbensrisiko des Verletzten noch das Sterblichkeitsrisiko der Unterhaltsberechtigten. Sie sollten daher grundsätzlich nicht der Berechnung eines Unterhaltsschadens zugrunde gelegt werden (Jedenfalls ist dann aber ein Abschlag für die Vorversterblichkeit des Berechtigten vorzunehmen!).
Rz. 248
Die Tabellen "verbundene Leben" (Rdn 17) berücksichtigen in doppelter Limitierung eine Unterhaltszahlung längstens bis zum mutmaßlichen Lebensende des Getöteten (statistische Lebenserwartung im Todeszeitpunkt) und zusätzlich längstens bis zum Tod des Berechtigten (statistische Lebenserwartung im Kapitalisierungszeitpunkt). Weitere individuelle Faktoren in der Person von Verpflichtetem und Berechtigtem sind mit einzubeziehen. Für Unterhaltsschäden ist auf die dem Todeszeitpunkt nächstgelegene Sterbetafel abzustellen (Rdn 254, 269, 296).
Rz. 249
Die Rechtslage gibt teilweise feste Eckpunkte für die Laufzeit von Schadenrenten vor (näher Rdn 279 ff.), die neben einer Sterblichkeit zu beachten sind: Der Verdienstausfallschaden eines nicht-selbstständig Tätigen ist im Ausgangspunkt bis zur Regelaltersrente abzuwickeln, es sei denn, eine kürzere Laufzeit wird nachgewiesen. Der Haushaltsführungsschaden/Naturalunterhalt ist regelmäßig bis längstens zum 75. Lebensjahr zu berücksichtigen (siehe auch Rdn 462, 464, 520). Demgegenüber ist die Erstattung von Heilbehandlungskosten, vermehrten Bedürfnissen, aber auch Schmerzensgeldrenten häufig durch den hypothetischen Tod begrenzt. Unterhaltsschäden finden ihre Grenze in mindestens zwei Eckdaten: Dem Tod des Unterhaltsberechtigten und dem hypothetischen Tod des Unterhaltsverpflichteten.
Rz. 250
Soweit sich der Betrag auch in der Zukunft der Höhe nach verändern kann (beispielsweise durch den Eintritt in das Rentenalter oder den teilweisen Wegfall von Unterhaltsverpflichtungen), ist dem durch Differenzfaktoren oder eine adäquate anderweitige Möglichkeit (Abzinsung, aber auch pauschale Risikoabgeltung) Rechnung zu tragen (zeitabschnittsweise Berechnung).
Rz. 251
Auch wenn der künftige Endzeitpunkt der Schadenzahlung in Jahren festzumachen ist (z.B. 60., 63., 67. pp. Lebensjahr des Anspruchstellers), kann der Regulierung doch nicht die reine Zeittabelle zugrunde gelegt werden. Hierin bliebe nämlich die Vorversterblichkeit vor dem angenommenen Fixpunkt (also die Vorversterbenswahrscheinlichkeit vor z.B. dem 63. Lebensjahr) ohne Berücksichtigung. Aus diesem Grunde sind in die gängigen Regulierungstabellen auch die Sterblichkeiten vor dem 60., 63., 67. Lebensjahr eingeflossen. Sie reduzieren so zutreffend den Kapitalisierungsfaktor gegenüber der reinen Zeittabelle (zu den Unterschieden im Kapitalisierungsfaktor siehe § 6 Rdn 90 ff.).