Rz. 550
Hinweis
Zu den Besonderheiten des Schmerzensgeldes § 2 Rdn 135 ff.
Rz. 551
Grundsätzlich ist Schmerzensgeld als einmaliger Kapitalbetrag festzustellen. Nur ausnahmsweise ist es gerechtfertigt, anstelle oder neben dem Kapital eine Schmerzensgeldrente zu gewähren. Eine Schmerzensgeldrente kommt nur in Betracht, wenn entweder ungewöhnlich schwere Verletzungen vorliegen, unter denen der Verletzte immer wieder neu leidet, oder besondere außergewöhnliche Umstände gerade die Rentenform erzwingen. Gründe hierfür können z.B. schwerwiegende Dauerschäden sein, die ständige Schmerzen und eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität zur Folge haben oder deren Entwicklung nicht absehbar ist. Die Rentenform kann auch veranlasst sein, wenn ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisses des Schadenersatzverpflichteten Rechnung zu zollen ist.
Rz. 552
Auch bei Vorliegen eines schweren Dauerleidens mit fortlaufender Beeinträchtigung ist es einem Haftpflichtversicherer nicht gestattet, gegen den Willen des Geschädigten diesem eine Schmerzensgeldrente anstelle eines Schmerzensgeldkapitals aufzudrängen.
Rz. 553
Bei der Ausgleichung immaterieller Beeinträchtigungen kann nach Zeitabschnitten gegliedert werden. Es können zugleich für einen bestimmten Zeitabschnitt ein Kapitalbetrag zugesprochen sowie für die spätere Zeit eine Schmerzensgeldrente zuerkannt werden. Bei Zubilligung einer Schmerzensgeldrente sind Kapital und Rente in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu bringen; ferner muss die Gesamtentschädigung (Summe von Kapital und kapitalisierter Rente) im Rahmen der üblichen Schmerzensgeldbeträge liegen. Wird eine Schmerzensgeldrente ausgeurteilt, muss das Schmerzensgeldkapital entsprechend herabgesetzt sein. Grundsätzlich ist der Urteilszeitpunkt entscheidend, da dort das Gesamtverhältnis (Kapital und Rente) bestimmt wird.
Rz. 554
Abbildung 1.2: Schmerzensgeldrente – Schmerzensgeldkapital
Rz. 555
Renten müssen, damit sie ihren Zweck erreichen, eine gewisse Größenordnung haben. Die Untergrenze einer zuzubilligenden Rente sollte mit 100 EUR angenommen werden.
Rz. 556
Der Betrachtung des Rentenwertes ist, wie bei der Kapitalisierung anderer künftiger Schadenspositionen, eine Verzinsung von 5 % zugrunde zu legen. Siehe zum Zinsfuß ergänzend die Nachweise zu Rdn 578.
Rz. 557
Schmerzensgeldrenten sind – auch mit Rücksicht auf die vorzunehmende Gewichtung von Kapital und Rente – mit einem Fixbetrag (also immer ohne Dynamisierung) i.d.R. bis zum Lebensende zu leisten; die Rente kann aber auch auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt werden. Eine Verurteilung in eine dynamische Rente (gekoppelt z.B. an den Lebenshaltungskostenindex) ist ebenso unzulässig wie die außergerichtliche Vereinbarung einer solchen Dynamisierung (z.B. durch Wertsicherungsklausel) (§ 2 PaPkG; siehe § 2 Rdn 1222 ff.).
Rz. 558
Die Möglichkeit einer Erhöhung der Rente im Wege der Abänderung nach § 323 ZPO entfällt grundsätzlich. Eine Anpassung kann allenfalls bei unvorhergesehener erheblicher Verschlimmerung (nicht aber bei bloßer, unter 25 % liegender Erhöhung des Lebenshaltungskostenindexes) in Betracht zu ziehen sein.
Rz. 559
Zur Möglichkeit einer Abänderung von Schmerzensgeldrenten führt der BGH aus:
Zitat
Der BGH hat bereits früher im Zusammenhang mit der Erörterung der Anforderungen an die Kapitalisierung einer Verdienstausfallrente darauf hingewiesen, dass die wirtschaftliche Entwicklung für einen gerechten Schadensausgleich durchaus in Betracht gezogen werden muss. Dies gilt grundsätzlich auch für Schmerzensgeldrenten. Auch wenn der Wert von Gesundheit und seelischem Wohlbefinden mit Vermögenswerten grundsätzlich inkommensurabel ist, soll doch der Geschädigte durch die Zubilligung von Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten zu verschaffen, die Beschwernisse, die er durch die immaterielle Beeinträchtigung erfährt, lindern. Diese Ausgleichsmöglichkeit kann aber für den Geschädigten gemindert oder gar wertlos werden, wenn der Geldwert in erheblichem Maße sinkt.
Doch ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass eine Abänderung nur unter besonderen Umständen in Betracht kommt. Erforderlich ist, dass eine ganz erhebliche Steigerung der Lebenshaltungskosten vorliegt und die zugesprochene Rente deshalb nicht mehr als "billiger" Ausgleich der immateriellen Beeinträchtigungen des Geschädigten angesehen werden kann. Dabei lässt sich die Frage, ob ein Abänderungsgrund vorliegt, nicht ohne weiteres durch den Rückgriff auf bestimmte Prozentsätze beantworten. [...] Es kommt darauf an, ob bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Rentenhöhe, des zugrunde liegenden Kapitalbetrages und der bereits gezahlten und voraussichtlich noch zu zahlenden Beträge, die gezahlte Rente ihre Funktion eines "billigen" Schadensausgleichs noch erfüllt oder ob dies nicht mehr der Fall ist. Nur...