A. Einleitung
Rz. 1
Personenschadenregulierung ist komplex und kompliziert. Die Aussage "Die Regulierung von Personenschäden ist nichts für Amateure" ist in der Tat mehr als zutreffend (siehe auch § 2 Rdn 329 ff.). Bei der Regulierung begegnen sich zwangsläufig unterschiedliche Rechtsgebiete mit aufeinander nicht abgestimmten bzw. abstimmbaren Systemen. Wer sich in diesem Dickicht nicht auskennt und zurechtfindet, nähert sich eigener (dies gilt nicht nur für Anwälte in der Beratung von Geschädigten, sondern auch für Prozessvertreter von Haftpflichtversicherungen) zivilrechtlicher Haftung. Wer nur Teile dieses Geflechtes wahrnimmt, muss dann damit rechnen, dass seine, gegebenenfalls auch richterliche, Entscheidung dann an Stellen Probleme und Konsequenzen zeitigt, an die er vorher nicht gedacht hatte. Von den auf diesem Gebiet tätigen Personen sind daher entsprechende Spezialkenntnisse der Materie einzufordern. Die Personenschadenregulierung vollzieht sich im Spannungsfeld von zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen und (vor allem sozialrechtlichen) Leistungsansprüchen, die ihre Verknüpfung u.a. in uneinheitlich ausgestalteten Forderungsübergängen finden. Als Problem erweist sich in der Praxis nicht selten die Unerfahrenheit des Anwaltes und/oder Zivilrichters in Fragen des Sozialrechtes und des Zessionsrechtes, die aber gerade die Personenschadenregulierung stark tangieren.
Rz. 2
Die teilweise oder vollständige Erledigung von Personenschadenansprüchen hat nicht nur zivilrechtliche Aspekte. Auch die Prognose künftiger Entwicklungen und Ansprüche verlangt neben der teilweise auch durch medizinische Fragen geprägten Einschätzung der Sachlage auch Kenntnisse des Drittleistungsrechtes und die Berücksichtigung künftiger Leistungsgewährung aus diesem Sektor. Überlegungen sind nach den Besonderheiten des Einzelfalles anzustellen, wobei die Beteiligten auch Prognosen zur künftigen Entwicklung der Lebensumstände des Verletzten und der wirtschaftlichen Daten und Rahmenbedingungen wagen müssen. Letztlich ist der Kapitalbetrag unter Abwägung der beiderseitigen Interessenlagen frei auszuhandeln.
B. Kapitalabfindung
Rz. 3
Regelmäßig wiederkehrende Schadenzahlungen sind, auch unter dem Aspekt der Effizienz und kostendeckenden Verwaltung betrachtet, kein wünschenswerter Zustand bei der Schadenregulierung.
Rz. 4
Die Kapitalisierung künftiger Forderungen aus Schadenfällen dient der wirtschaftlichen Erledigung von Regressfällen im Interesse aller Beteiligten. Die Abfindung eines Drittleistungsträgers wird dabei nicht immer von denselben Kriterien bestimmt wie die Abfindung des unmittelbar Geschädigten. Gesetzliche Bestimmungen über die Modalitäten einer Kapitalisierung haftpflichtrechtlicher Schadenersatzansprüche existieren nicht. Für die außergerichtliche Kapitalisierungsberechnung gelten keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zur gerichtlichen Berechnung.
Rz. 5
Es besteht i.d.R. ein allseitiges Interesse an einer den Schadenfall endgültig abschließenden Regulierung. Das Abschlussinteresse, insbesondere bei Personenschäden, hat nicht allein der Haftpflichtversicherer, der damit Klarheit über sein Regulierungsvolumen erhält; auch dem Geschädigten bietet der Vergleich Vorteile, nicht zuletzt mit Blick auf den Genesungsprozess und Heilungserfolg (siehe auch § 2 Rdn 1).
Rz. 6
Dieses (wirtschaftliche) Interesse gilt einerseits für die beteiligten Haftpflichtversicherer und Sozialleistungsträger. Aber auch dem Geschädigten andererseits ist regelmäßig mit einer endgültigen Abfindung gedient. Die Praxis zeigt häufig eine deutliche psychische Stabilisierung des Ersatzberechti...