I. Allgemeines
Rz. 42
Auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft finden die Vorschriften des § 1 HGB gem. § 3 Abs. 1 HGB keine Anwendung. Land- und Forstwirte sind dementsprechend grds. keine Kaufleute. Zweck dieser Norm ist es, die Land- und Forstwirte vor den Anforderungen des Kaufmannsrechts zu schützen. Sie betreiben zwar ein Gewerbe, doch wird dies nicht als Handelsgewerbe eingestuft.
Die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft können sich gem. § 3 Abs. 2 HGB freiwillig in das Handelsregister eintragen lassen, wenn ihr Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (s. hierzu oben Rdn 21). Das Gleiche gilt gem. § 3 Abs. 3 HGB für Nebengewerbe.
II. Land- und Forstwirte
1. Landwirtschaftliche Tätigkeit
Rz. 43
Das HGB kennt keine Definition der Landwirtschaft. Man kann sich aber an der Begriffsbestimmung des § 201 BauGB orientieren. Eine landwirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 3 HGB setzt somit voraus, dass der Grund und Boden mit dem Ziel genutzt wird, pflanzliche und tierische Rohstoffe zu erzeugen und zu verwerten. Unerheblich ist dabei, wem der Boden gehört, ob es sich also um eigenes oder um Pachtland handelt.
Beispiele
Ackerbau, Gemüseanbau, Obstanbau, Weinbau, Viehzucht, Erzeugung und Weiterverarbeitung tierischer Produkte wie Fleisch, Milch, Eier in eigener Bodenausnutzung.
Rz. 44
Gärtnereien und Baumschulen betreiben nur dann Landwirtschaft, wenn der Betrieb auf die Gewinnung und Züchtung von Pflanzen im Eigenanbau gerichtet ist. Werden allein gekaufte Pflanzen vertrieben, liegt keine Landwirtschaft vor.
Rz. 45
Ebenfalls keine landwirtschaftlichen Tätigkeiten sind solche Tätigkeiten, bei denen hauptsächlich gekauftes Futter und fremde Erzeugnisse verarbeitet werden (z.B. Molkereien oder große Geflügelfarmen auf kleinstem Boden). In diesen Fällen steht nicht die Bodennutzung im Vordergrund. Gleiches gilt für Fischerei, Fisch-, Hunde- oder Vogelzucht. Urproduktionen, wie Kies-, Torf- oder Mineraliengewinnung, üben mangels pflanzlicher oder tierischer Rohstoffe ebenfalls keine Landwirtschaft aus.
2. Forstwirtschaft
Rz. 46
Forstwirtschaft ist die wirtschaftliche Nutzung von Wäldern durch planmäßiges Auf- und Abforsten. Ob die Holzgewinnung durch den Pächter, Eigentümer oder Nießbraucher geschieht, ist gleichgültig. Baumschulen gehören auch zur Forstwirtschaft.
3. Gemischte Betriebe
Rz. 47
Umfasst dasselbe Unternehmen mehrere Betriebe, die z.T. landwirtschaftliche bzw. forstwirtschaftliche Tätigkeiten ausüben und z.T. Betriebe anderer Art sind, ist für die Abgrenzung maßgebend, welcher Betrieb für das Unternehmen prägend ist. Abzustellen ist dabei auf den Charakter der Tätigkeit, nicht auf ihren Umfang. Überwiegender Eigenanbau führt i.d.R. zur Anwendbarkeit des § 3 HGB. Bei überwiegendem Handel mit fremden Erzeugnissen dürfte dagegen regelmäßig § 1 HGB unmittelbar anwendbar sein.
III. Land- und Forstwirte mit kaufmännischem Geschäftsbetrieb
1. Wahlrecht der Eintragung
Rz. 48
Ein Land- oder Forstwirt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, ist nach § 3 Abs. 1 HGB zunächst kein Kaufmann. Er kann allerdings nach § 3 Abs. 2 HGB sein Wahlrecht ausüben. Die Ausübung des Wahlrechts erfolgt – wie in § 2 Satz 2 HGB – durch Anmeldung beim Registergericht. Diese Anmeldung ist nicht nur formaler Antrag, sondern beinhaltet zugleich auch die materielle Willenserklärung zur Begründung der Kaufmannseigenschaft. Die Eintragung wirkt konstitutiv. Mit der Eintragung tritt eine Bindung an die getroffene Wahl ein. Bis zur Eintragung ist sie allerdings widerruflich.
2. Voraussetzungen
Rz. 49
Land- und Forstwirte können unter folgenden drei Voraussetzungen von Ihrem Wahlrecht nach § 3 Abs. 2 HGB Gebrauch machen:
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Es muss sich um ein land- oder forstwirtschaftliches Unternehmen oder einen Nebenbetrieb hierzu (z.B. Molkerei) handeln. |
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Das Unternehmen muss einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsb... |