Rz. 38
Bisher war die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die aus Verkehrsunfällen im Straßenverkehr resultieren, eher ein Thema von untergeordneter Bedeutung. Seit der unmittelbaren Geltung der DSGVO ab dem 25.5.2018 hat sich dies grundlegend geändert. Für alle Beteiligten im Rahmen der Schadenregulierung nach einem Verkehrsunfall gelten jetzt eine Vielzahl an besonderen Bestimmungen, welche die Praxis bei der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben vor große Herausforderungen stellen. Neben der für jede Kanzlei notwendigen Erstellung eines Verzeichnisses der Verantwortungstätigkeiten nach Art. 30 DSGVO und einer Übersicht zu den technisch und organisatorischen Maßnahmen zur Datensicherheit nach Art. 32 DSGVO (sog. TOM’s) sind bei der Verfolgung von Mandaten im Straßenverkehr noch eine Vielzahl an weiteren Besonderheiten zu berücksichtigen, soweit es um das Eingreifen einer Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung, den Umfang der verarbeiteten personenbezogenen Daten und die damit verbundenen Informationspflichten geht.
I. Einschlägige Rechtsgrundlage
Rz. 39
Personenbezogene Daten dürfen auch bei einem Mandat im Straßenverkehr nur verarbeitet werden, wenn dafür ein Rechtfertigungsgrund besteht, der sich in Art. 6 DSGVO findet, bei der Verarbeitung sog. besonderer Kategorien personenbezogener Daten zusätzlich in Art. 9 DSGVO. Von Bedeutung ist dabei insbesondere eine Einwilligung, eine Verarbeitung auf vertraglicher Grundlage oder aber eine Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen einer Güterabwägung.
1. Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1a DSGVO
Rz. 40
Die Einwilligung des datenschutzrechtlich Betroffenen als Rechtsgrundlage findet sich nunmehr in Art. 6 Abs. 1a DSGVO und kommt natürlich auch zumindest im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und einem ihm den Auftrag erteilenden Mandanten in Betracht. Sie hat allerdings den Nachteil, dass sie jederzeit widerrufen werden kann, zudem an eine Vielzahl an Hinweisen und Formvorschriften gebunden ist und im Fall eines Widerrufes kontrovers diskutiert wird, ob und in welchem Umfang in diesem Fall eine weitere Verarbeitung der personenbezogenen Daten überhaupt noch erfolgen kann. Im Falle eines Widerrufs ist eine weitere Verarbeitung der personenbezogenen Daten jedenfalls auch nach den Erwägungen der sog. Art. 29 Gruppe ausgewählter Vertreter europäischer Datenschutzbehörden vom 28.11.2017 (dort S. 21 / 22) ohnehin nur dann möglich, wenn schon zum Zeitpunkt der Erteilung der Einwilligung auf alle weiteren in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen hingewiesen wird und im Falle eines Widerrufs der Einwilligung anschaulich erläutert wird, auf Basis welcher Rechtsgrundlagen nach einem erneuten Abwägungsprozess trotzdem eine Verarbeitung weiterhin für die Zukunft stattfindet.
Hinweis
Die Einwilligung greift mithin nur im Verhältnis zum Mandanten und bedeutet einen erheblichen bürokratischen Aufwand. Sie ist i.d.R. nicht empfehlenswert für die Massenbearbeitung von Unfallschäden.
2. Datenverarbeitung zur Vertragserfüllung nach Art. 6 Abs. 1b DSGVO
Rz. 41
Im Verhältnis zum betroffenen Mandanten erscheint es daher vorzugswürdig, auf die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1b DSGVO abzustellen. Denn in Erfüllung des ihm erteilten Mandats und des damit verbundenen Dienstleistungsvertrages ist der Rechtsanwalt nach dieser Rechtsgrundlage ermächtigt, die dafür erforderlichen personenbezogenen Daten seines Mandanten zu verarbeiten. Diese Rechtsgrundlage erstreckt sich jedenfalls auf das Verhältnis der beiden Vertragsparteien und ist gegenüber einer Einwilligung aus den dargelegten Gründen vorzugswürdig. Kontrovers wird aber derzeit diskutiert, ob der Vertrag mit einer Partei zugleich auch mit Außenwirkung gegenüber den betroffenen Dritten die Verarbeitung von deren Daten rechtfertigen kann.
Hinweis
Um den sichersten Weg zu wählen, sollte daher durch den Rechtsanwalt bei der Unfallregulierung diesbezüglich auf die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1f DSGVO abgestellt und ggf. in seiner eigenen Datenschutzerklärung hingewiesen werden.
3. Datenverarbeitung nach Interessenabwägung Art. 6 Abs. 1f DSGVO
Rz. 42
Soweit es um die Verarbeitung personenbezogener Daten weiterer Personen geht, mit denen der Rechtsanwalt kraft Natur der Sache keinen Vertrag abgeschlossen hat und auch eine Einwilligungserklärung offensichtlich nicht in Betracht kommt, bildet im Regelfall der Artikel 6 Abs. 1f DSGVO die entscheidende Rechtsgrundlage. Das berechtigte Interesse des Rechtsanwalts liegt dann in der Verarbeitung der Daten zur Erfüllung des ihm übertragenen Mandats. Hieraus ergeben sich weitere besondere Hinweispflichten nach Art. 21 DSGVO zu einem Widerspruchsrecht.
Soweit es sich um die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten handelt, wird im Regelfall Art. 9 Abs. 2f DSGVO als Ermächtigungsgrundlage eingreifen. Hierzu gehören insbesondere Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Hiernach ist die Verarbeitung derartiger personenbezogener Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigun...