a) Begriff

 

Rz. 8

Der Begriff des standardisierten Messverfahrens hat in der verkehrsrechtlichen Rechtsprechung eine erhebliche Bedeutung. Ist ein Messergebnis im Rahmen eines standardisierten Messverfahrens ermittelt worden, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Begründungsanforderungen, denen ein Urteil in Bußgeldsachen zu genügen hat.[1]

 

Rz. 9

Den Begriff des standardisierten Messverfahrens hat der BGH in seinem Beschl. v. 30.10.1997 (BGH 4 StR 24/97) wie folgt erläutert:

Zitat

"Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß der in der Entscheidung vom 19.8.1993 verwendete Begriff "standardisiertes (Meß-)Verfahren" (...) nicht bedeutet, daß die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfinden muß. Vielmehr ist hierunter ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, daß unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (...). Diese Anforderungen werden (...) grundsätzlich auch Lasermeßverfahren gerecht, bei denen die Geschwindigkeitsmessung von besonders geschultem Meßpersonal unter Beachtung der Betriebsanleitung des Geräteherstellers und der Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt durchgeführt wird (...)."

 

Rz. 10

Neben der Zulassung durch die PTB und Eichung durch die zuständige Eichbehörde ist auch die standardgemäße Durchführung des Messverfahrens notwendig.

Inwiefern auch eine Konformitätsbewertung nach dem neuen Mess- und Eichgesetz Grundlage für die Anerkennung eines Messverfahrens als standardisiertes Messverfahren sein kann, bleibt abzuwarten. Der Arbeitskreis V des 54. Verkehrsgerichtstags in Goslar hat diesbezüglich die Empfehlung ausgesprochen, die Rechtsprechung des BGH zunächst nicht anzuwenden, sondern abzuwarten, bis sich auch konformitätsbewertete Messgeräte über einen gewissen Zeitraum in der Praxis bewährt haben.[2]

Für die Durchführung eines Messverfahrens als standardgemäß, ist es jedenfalls maßgeblich, dass das Messpersonal eine entsprechende Schulung vorzuweisen hat. Ist eine solche Schulung nach der Gebrauchsanweisung nicht nötig (so v.a. bei älteren Messgeräten), so muss der Messbeamte zumindest über ausreichend praktische Erfahrung verfügen, um die konkreten Anforderungen im Messvorgang richtig bewerten zu können und so etwaige Fehlerquellen ausschließen zu können, was durch ausführliche Befragung festzustellen ist. Kann er dies nicht, bestehen zumindest durchgreifende Bedenken, ob von einem Messverfahren ausgegangen werden kann, dessen Ergebnis ohne weitere Prüfung als gerichtsfest anzusehen ist. Schließlich ist die Einhaltung aller Vorgaben der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers und der Gerätezulassung unbedingt notwendig, um die Messung als standardisiertes Messverfahren zu qualifizieren.

 

Rz. 11

An die Verwertung eines Messwertes, der in einem solchen standardisierten Messverfahren ermittelt wurde, sind laut BGH sodann geringere Begründungsanforderungen zu stellen:[3]

Zitat

"Zwar besteht kein Erfahrungssatz, daß die gebräuchlichen Geschwindigkeitsmeßgeräte unter allen Umständen zuverlässige Ergebnisse liefern (...). Der Tatrichter muß sich deshalb auch bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von Geschwindigkeitsmeßgeräten bewußt sein, daß Fehler nicht auszuschließen sind. Den nach den jeweiligen technisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen möglichen Fehlerquellen hat er durch die Berücksichtigung von Meßtoleranzen Rechnung zu tragen (vgl. BGHSt 28, 1, 2). Darüber hinaus muß er sich nur dann von der Zuverlässigkeit der Messungen überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Meßfehler gegeben sind (vgl. OLG Hamm NStZ 1990, 546)."

 

Rz. 12

Die Urteilsbegründungspflicht erschöpft sich also mit der Angabe des konkreten Messwerts, des angewandten Messverfahrens und des Toleranzwertes.[4]

 

Rz. 13

Das "Standardisierte Messverfahren" stellt ein Instrument dar, mit dem der Masse an Regelfällen, von korrekt gemessenen und beanzeigten Verstößen im Straßenverkehr, mit einer schnellen Handhabe entgegen getreten werden kann. Diese Messverfahren dienen auch laut BGH[5]

Zitat

"gerade dem Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen".

 

Rz. 14

Rechtssicherheit wird zugunsten eines schnelleren und einfacheren Verfahrensablaufes preisgegeben. Dies wird dadurch gerechtfertigt, dass an die Zulassung von Messgeräten für den amtlichen Gebrauch hohe Anforderungen gestellt werden und das Zulassungsmonopol bei einer staatlichen Stelle liegt, nämlich der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Die Verlässlichkeit der einzelnen Messverfahren wird durch die PTB geprüft und verbindlich festgestellt. Aufgrund dieser Verlässlichkeit gesteht man den im standardisierten Messverfahren ermittelten Ergebnissen die Indizienbeweisqualität zu, welche nur durch ernsthafte Zweifel im konkreten Einzelfall erschüttert werden kann.

Genau hier liegt je...

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