Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 1207
▓ Allgemein zum intelligenten Piezo-Vorverstärker
Bei eigenen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass der intelligente Piezo-Vorverstärker nicht in der Lage ist, stark abweichende und außerhalb der Spezifikation liegende Signale zu erkennen und selbstständig Messungen zu unterbinden.
Bei einer Messstelle in Saarlouis (siehe RN1079 bei Traffistar S330) waren die genannten stark abweichenden Signalformen festzustellen, bei einer weiteren Messstelle in Heidelberg darüber hinaus auch noch Verstöße gegen die vorgeschriebenen Signalpegel bzw. übergroße Abweichungen in den Spannungspegeln zwischen den Sensoren.
Abbildung 5: während der Eichung der Messstelle in Heidelberg im Jahr 2017 gespeicherte Rohmessdaten – charakteristischer negativer Wert am Ende der Überfahrt Sensor 3 und eine übergroße Abweichung zwischen den Pegeln
All dies wird offensichtlich nicht vom IPV automatisch erkannt.
Rz. 1208
Erschreckend ist auch, dass das Problem, das in Heidelberg zur Notwendigkeit der Justage der Verstärker für eine erfolgreiche Eichung führte, seitens des Eichbeamten nicht einmal im Eichprotokoll Erwähnung fand.
Nochmals: Dieses Messgerät war zum Zeitpunkt der Eichung technisch nicht eichfähig und musste eingestellt werden. Dieser fehlerhafte Zustand (mit nicht abschätzbaren Folgen für die Messgenauigkeit) bestand bereits für einen unbekannten Zeitraum zuvor und somit während einer unbestimmten Anzahl von Messungen.
Aus technischer Sicht muss dies seinen Niederschlag im Eichprotokoll finden.
Änderungen am Messaufbau gehören jedoch, wie bereits in der universitären Ausbildung gelehrt wird, zu den immer zu notierenden Ereignissen:
Zitat
"Änderungen des experimentellen Setups sollten Sie ebenfalls im Laborbuch festhalten (z.B. Justierungen von Messgeräten)"
Von daher sind insgesamt Zweifel an der Vollständigkeit und Korrektheit des Eichprotokolls mehr als angebracht.
Rz. 1209
Es ist hier auch noch darauf hinzuweisen, dass die technischen Prüfungen, die der Eichung zugrunde liegen, häufig nicht von Eichbeamten durchgeführt werden, denen bereits das notwendige Equipment dazu fehlt, sondern durch Mitarbeiter von Jenoptik.
Rz. 1210
Dies ist keine empfehlenswerte Vorgehensweise. Der an der Messstelle tätige Mitarbeiter der Fa. Jenoptik bewegt sich immer im Spannungsfeld zwischen seinen arbeitsvertraglichen Pflichten (diese und die ihm drohenden Konsequenzen sind ihm sicherlich stets vor Augen) und eher vagen Verpflichtungen zu einer ordnungsgemäßen Arbeit, die aber weniger ihn als den Eichbeamten betreffen.
Rz. 1211
Dies ist durchaus zu vergleichen mit den Problemen, die entstehen, wenn Fahrzeughersteller eigenständig ihre Zulassungsprüfungen (Abgas, Verbrauch) durchführen. Die ursprüngliche Konstruktion einer unabhängigen Zulassungsinstanz hat nicht nur eine juristische, sondern auch eine technisch-wissenschaftliche Berechtigung, die durch solche Probleme immer wieder verdeutlicht wird.
Rz. 1212
Insofern sind Abweichungen, beispielsweise aus wirtschaftlichen Gründen (Eichamt verfügt nicht über das notwendige Equipment), abzulehnen, da hiermit die unabhängige Kontrolle untergraben wird.
Abbildung 6: Schreiben Jenoptik
Ebenfalls nicht erkannt werden Sondersituationen wie beispielsweise die Überfahrt von Drillingsachsen:
Abbildung 7: Messfoto mit offensichtlich falschem Messwert
Abbildung 8: Fahrzeugdurchfahrt in falscher Fahrtrichtung/TS330, ebenfalls mit IPV
Diese Situationen sind zwar nach Gebrauchsanweisung auszusortieren, aber ein wirklich intelligenter Piezo-Vorverstärker könnte diese Messungen anhand trivial zu nennender mathematischer Prüfungen (Korrelationsanalyse) ermitteln, den jeweils korrekten Messwert errechnen und darüber hinaus auch noch eine weitgehende Analyse der Signalqualität vornehmen. Dann wäre die Bezeichnung "intelligenter Piezo-Vorverstärker" gerechtfertigt.