Rz. 1147

Durch die Speicherung der Rohmessdaten wird beim ES3.0 eine nachträgliche und vom Messgerät unabhängige Überprüfung der Messung nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik ermöglicht.

Die Auswertung der Position des Fahrzeuges in Bezug zur Fotolinie ist nicht ausreichend, um den vorgeworfenen Messwert bei vorhandenen Zweifeln technisch zu belegen. Dies auch im Hinblick darauf, dass die Position durch die Änderungen in der Gebrauchsanweisung nahezu beliebig ist.

Die Ausführungen im vorherigen Abschnitt zeigen allerdings, dass abweichende Positionen von Fahrzeugen in Bezug zur Fotolinie (Heckmessung, Schattenmessung) ihren Ursprung haben in Messsignalen, die aus messtechnischer Sicht als kritisch zu bewerten sind.

 

Rz. 1148

Bei der geräteinternen Auswertung der Rohmessdaten werden Datenbereiche selektiert, wobei Umfang und Auswahl des zugrunde gelegten Datenbereichs nicht bekannt sind.

Eine Vernachlässigung von Datenbereichen bei der Auswertung ist aus technischer Sicht dann erforderlich, wenn Störfaktoren in der Signalaufzeichnung (z.B. Anteile der Fahrzeugräder, Offset etc.) vorhanden sind. Sofern keine Störanteile in der Aufzeichnung festzustellen sind, ist eine Reduzierung oder Vernachlässigung einzelner Datenbereiche technisch allerdings nicht zu begründen.

Durch die sachverständige Auswertung der Rohmessdaten kann der Messwert insofern technisch unabhängig vom Messgerät bestätigt oder es können Abweichungen gegenüber dem vorgeworfenen Messwert aufgezeigt werden. Darüber hinaus können auch weitergehende Betrachtungen erfolgen, wenn die korrekte Messwertzuordnung anhand des Messfotos (messrelevanter Bereich nicht vollständig abgebildet) nicht nachzuvollziehen ist.

 

Hinweis

Damit seitens der Verteidigung vor Gericht Zweifel am vorgeworfenen Messwert fundiert vorgetragen werden können, ist die Bereitstellung der Falldatei von der betreffenden Messung unerlässlich. Ohne Bereitstellung der Falldatei kann eine unabhängige Überprüfung der Messung durch die Auswertung der Rohmessdaten nicht erfolgen.

 

Rz. 1149

Checkliste: Korrekte Auswertung der Messung bei "ES3.0"

Das Messprotokoll bestimmt eindeutig das verwendete Messgerät.
Das verwendete Messgerät verfügt über eine zum Tatzeitpunkt gültige Eichung, insb. sind keine Reparaturen am Messgerät erfolgt oder Eichmarken oder Eichplomben so beschädigt, dass die Sicherung des Messgeräts gegen Eingriffe nicht mehr gewährleistet gewesen ist.
Die Fotoliniendokumentation ist aussagekräftig, damit zumindest in Zweifelsfällen bei mehreren abgebildeten Fahrzeugen der Messwert zutreffend zugeordnet werden kann.
Der fahrbahnparallele Aufbau des Messsensors ist durch die korrekte Verwendung der Neigungswasserwaage vor und nach der Durchführung von Messungen sichergestellt.
Die Auswertung des Beweisfotos/der Beweisfotos zeigt, dass das im Beweisfoto abgebildete Fahrzeug den Messwert selbst und alleine initiiert hat (Position relativ zur Fotolinie, gemessener seitlicher Abstand vs. Befahrener Fahrstreifen).
Lässt sich dies aus dem Beweisfoto/den Beweisfotos nicht eindeutig bestimmen, muss die Beteiligung eines zweiten Fahrzeuges an der Messwertbildung auf eine andere Art definitiv auszuschließen sein, etwa durch Auswertung der in der eso-Datei gespeicherten Messdaten.
 

Hinweis

Ist einer der v.g. Punkte der Checkliste nicht erfüllt, kann nicht von einer korrekten Messung i.S.e. standardisierten Messverfahrens ausgegangen werden.

Sollen darüber hinaus technische Einwände gegen die Messung erhoben werden, so ist in jedem Einzelfall die Auswertung der Rohmessdaten erforderlich. Besteht der Verdacht auf eine Beeinflussung bei der Messwertbildung durch LED-Leuchten ist die Auswertung der Rohmessdaten aus technischer Sicht unerlässlich.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?