Rz. 396

Mit diesem Dokument wird u.a. die Softwareversion 3.1 zugelassen, welche ab jetzt die Arbeit mit vorselektierten Verdachtsfällen unterstützt. Analog ist in diesem Dokument erstmals die Rede vom sogenannten Programmmodul "VKS select".

Bei dem Programm und dem nunmehr zusätzlich genutzten Computer handelt es sich um gänzlich neue Software- bzw. Hardwarekomponenten, die bis dato bei diesem Messgerät nicht genutzt wurden.

 

Rz. 397

Die PTB hat am 14.11.2014 durch Herrn Manfred Gahrens vor dem Hintergrund der Umstellung von Nassfilm- auf Digitalfotografie, und damit einem hinsichtlich der Datensicherheit zumindest vergleichbaren Sachverhalt, zu einem anderen Messgerät (Traffiphot-S) erklärt:

Zitat

"Auch grundlegend neue Komponenten eines Messgerätes müssen die Anforderungen des aktuellen Standes der Technik erfüllen."

 

Rz. 398

Der Stand der Technik sowie die daraus resultierenden Ansprüche an die Messgeräte werden von der PTB in den sogenannten "PTB-Anforderungen", kurz PTB-A, zusammengefasst (siehe auch § 1 Rdn 54).

Eine eigenständige PTB-A für Verkehrs-Kontroll-Systeme hat seit der Gerätezulassung im Jahr 2001 bis zum Dezember 2014 nicht existiert.

Der Stand der Technik für das Jahr 2008 wurde aus Sicht der PTB insofern durch die PTB-A 18.11 (Geschwindigkeitsüberwachungsgeräte) und 18.13 (Video-Uhren), beide aus Dezember 2005, definiert.

Auch wenn diese Dokumente anders heißen mögen, sind sie sehr wohl auf das VKS 3.0 übertragbar, denn es handelt sich von der Zulassung her um nichts weiter als eine Video-Uhr, bei der sonst manuell durchgeführte Vorgänge bereits von der Software übernommen werden.

 

Rz. 399

In der PTB-A 18.11 heißt es in Kapitel 3.2 (Zuordnung von Messwerten zu Fahrzeugen):

Zitat

"Die Konstruktion des Geschwindigkeitsüberwachungsgerätes muss für alle eichrechtlich relevanten Betriebsarten eine eindeutige Zuordnung eines Geschwindigkeitsmesswertes zu einem Fahrzeug gewährleisten."

Werden innerhalb eines Messvorganges die Geschwindigkeiten mehrerer Fahrzeuge gemessen und dokumentiert, sind die Werte den Fahrzeugen eindeutig zuzuordnen (z.B. durch Angabe der Fahrspur).

Geschwindigkeitsüberwachungsgeräte ohne Dokumentationseinrichtung müssen eine eindeutige Zuordnung eines Fahrzeuges zu einem Messwert durch den Benutzer ermöglichen (z.B. durch einen markierten Bereich in einer Zieleinrichtung).“ (eigene Hervorhebung)

 

Rz. 400

Die PTB-A 18.11 definiert also die eindeutige Zuordnung des Messwertes zu einem Fahrzeug als Bedingung für die Zulassung. Selbiges fordert auch die PTB-A 18.13.

Auf Grund der eingeschränkten Auflösung ist das Tatvideo zur Identifizierung von spezifischen Merkmalen (Kennzeichen und Fahrzeugführer) jedoch explizit nicht geeignet.

 

Rz. 401

Soweit interpretiert wird, dass dem Begriff Fahrzeug auch die "Pixelwolke" im Tatvideo genügen könne, steht dem bereits der Kontext der Formulierung entgegen, da die Zuordnung eines konkreten Messwertes zu einem nicht identifizierbaren Objekt sinnfrei ist.

Identifizierbar ist ein Fahrzeug genau dann, wenn das Kennzeichen erkennbar ist. So heißt es in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) unter § 8 Abs. 1:

Zitat

"Die Zulassungsbehörde teilt dem Fahrzeug ein Kennzeichen zu, um eine Identifizierung des Halters zu ermöglichen."

 

Rz. 402

Die Zulassung der PTB beschränkt sich mit dem Tatvideo also auf den Teil des VKS 3.0, mit dem keine Zuordnung eines Auswertevorgang einem konkreten Fahrzeug möglich ist.

 

Rz. 403

Weiterhin wird durch die beiden PTB-A eine Sicherstellung von Integrität und Authentizität bzw. explizit ein Signatursystem gefordert.

So heißt es in der PTB-A 18.11 in Kapitel 3.5.6 (Dokumentation in einem Digitalfoto):

Zitat

"Bei digitaler Fotografie müssen Bild- und Messwertinformation einer Übertretung untrennbar zu einer Gesamtdatei zusammengefasst werden. Zusätzlich sind die Werte in die Pixelstruktur des Digitalfotos zu integrieren."

Die Gesamtdatei ist mit einer digitalen Signatur zu sichern. Die so signierte Datei kann dann über nicht eichtechnisch gesicherte Wege (z.B. LAN, Internet, Diskette, Wechselfestplatte, CD, DVD) zu einem Archiv oder zu einer Auswerteeinheit übertragen werden.“ (eigene Hervorhebung)

Und in der PTB-A 18.13 heißt es in Kapitel 3.4 (Integrität und Authentizität der Aufzeichnungen):

Zitat

"Für Aufzeichnungen, die archiviert und später zur Beweisführung verwendet werden sollen, muss die Integrität und Authentizität sichergestellt werden, um unzulässige Veränderungen der Bildinhalte und Messdaten oder falsche Zuordnungen zu vermeiden. Entsprechende Anforderungen finden sich in WELMEC 7.2 "Software ­Guide". (eigene Hervorhebung)"

Bei der Forderung, die (Mess-)Werte "in die Pixelstruktur des Digitalfotos zu integrieren", kann dem VKS 3.0 zugestanden werden, dass diese bei der Übertragung in die Auswerteeinheit noch nicht vorliegen, sondern erst dort gebildet werden. Hier bestehen zumindest technisch nachvollziehbare Gründe, warum diese Anforderung nicht erfüllt ist.

Die übrigen Verstöße gegen die beiden PTB-A sind jedoch allein auf das Agiere...

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