Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 418
Typischerweise fährt das Messpersonal an eine Messstelle, installiert die Kameras, verkabelt diese mit der Aufzeichnungstechnik und startet den Messablauf.
In der aktuellen Gebrauchsanweisung für das VKS 3.0 mit der Software 3.2 3D vom 28.11.2014 fehlen dabei nicht nur konkrete Vorgaben zur Aufstellung und Ausrichtung der Ident-Kamera(s), sondern es werden Dokumentationslücken zwischen dem Verlassen des Tatvideos und der Einfahrt in den Erfassungsbereich zugestanden.
Weitere Ausführungen finden sich nur noch in separaten Dokumenten außerhalb der Zulassung.
Rz. 419
Es ist insofern nicht durch die Zulassung ausgeschlossen, dass eine Kombination aus Kamerastandort, Aufnahmeperspektive und Aufweitung des Zeitfensters dazu führt, dass sich durch Veränderungen im Fahrverhalten (z.B. Bremsen) nach Verlassen des Tatvideos plötzlich andere Fahrzeuge in der vom Select-Modul errechneten Fotoposition befinden und dadurch einem nicht zu verantwortenden Verstoß zugeordnet werden.
Rz. 420
Da die Aufzeichnung des Tatvideos auf einem Band stattfindet, kann das Messpersonal alle Vorgänge auch frühestens nach Komplettierung des Bandes oder Abschluss der Messung bearbeiten.
Im Allgemeinen ist also nicht davon auszugehen, dass das Auswertepersonal eine konkrete Erinnerung an die Messsituation hat. Es kann sich mithin nur auf das Tatvideo und die gefertigten Ident-Fotos stützen, um einen Tatvorwurf aus dem Video einem konkreten Fahrzeug und Verkehrsteilnehmer zuzuordnen.
Rz. 421
Hinweis
Es ist an dieser Stelle explizit anzumerken, dass sämtliche anderen Hersteller von Messgeräten im Straßenverkehr von Anfang an bemüht waren, diese Vorgaben zu erfüllen, während Vidit und die PTB es in völliger Verkennung der technischen Gegebenheiten für "selbstverständlich" hielten/halten, Bilddateien nicht zu sichern.
Rz. 422
Hierzu teilte die PTB in einer Stellungnahme vom 13.8.2018 durch Herrn Dr. Robert Wynands an die VUT mit:
Zitat
"Wenn ich Ihre Fragen richtig verstehe, beziehen sie sich alle auf ein unabhängiges Programm VKS Select bzw. auf von einer zusätzlichen Kamera angefertigte Fotos, die die Identifizierung des Fahrers unterstützen sollen. Weder das Programm VKS Select noch die zusätzliche Fahrerkamera (Ident-Kamera) waren bzw. sind eich- oder zulassungsrelevant Sie wurden daher von der PTB auch nicht geprüft und werden in den Zulassungsdokumenten des Geräts "Verkehrs-Kontroll-System VKS 3.0" (Zulassungszeichen 18.19/01.02) in den Abschnitten "1.4 Optionale Einrichtungen und Funktionen" bzw. "1.6 Integrierte Einrichtungen und Funktionen, die nicht in den Geltungsbereich dieser Bauartzulassung fallen" lediglich allgemein beschrieben. Die von Ihnen angesprochenen Themen wie Datenintegrität oder Speicherort der zusätzlichen Fahrerfotos betreffen daher nicht die Daten, die vom zugelassenen und geeichten Teil des Messgerätes erstellt werden. Es ist sichergestellt, dass die optionalen Einrichtungen und Funktionen "VKS Select" und "zusätzliche Fahrerkamera" keine Rückwirkung auf die eichrelevanten Funktionen des Verkehrskontrollsystems VKS 3.0 oder seiner Auswertesoftware haben können. Damit erübrigen sich auch Ihre Fragen zu den Modalitäten der Umstellung von einem System auf ein anderes, denn das zugelassene System zeichnet nach wie vor Tatvideos auf, wurde also gar nicht umgestellt."
Die PTB hält damit weiterhin an Ihrer Unterscheidung in einen "geeichten und zugelassenen Teil des Messgeräts" und den "optionalen Einrichtungen und Funktionen "VKS Select und zusätzliche Fahrerkamera" fest."
Rz. 423
Fakt ist: beim VKS 3.0 werden einerseits mit der Tatkamera eine Videoaufnahme zur Auswertung von Geschwindigkeit und/oder Abstand und zum anderen mit der Ident-Kamera entsprechende Einzelbilder zur Identifikation von Fahrer und Kennzeichen gefertigt. Entgegen der Darstellung der PTB kann dies aus technischer Sicht nur als komplettes (Aufnahme-)System betrachtet werden, denn es werden Beweismittel zur Feststellung und Auswertung des Verstoßes sowie zur Feststellung und Ahndung des verantwortlichen Fahrzeugführers gefertigt.
Die Darstellung, wonach die Ident-Kamera Fotos liefert, "die die Identifizierung des Fahrers unterstützen sollen" ist zudem falsch. Denn die Identifizierung von Fahrer und Kennzeichen erfolgt im Regelbetrieb ausschließlich anhand der mit der Ident-Kamera gefertigten Fotos und nicht nur in unterstützender Form.
Rz. 424
Unabhängig davon erklärt die PTB, dass weder die korrekte Zuordnung eines Messwertes zu einem Fahrzeug noch die technische Sicherung des Dateiinhalts der Kennzeichen- und Fahreraufnahme durch die Bauartzulassung sichergestellt ist.
Dies ist auch gar nicht möglich, da die von den Ident-Kameras gefertigten Aufnahmen in völlig ungeschützten Formaten wie .bmp und .jpg gespeichert und verarbeitet werden, also einer Norm, wie sie auch handelsübliche Fotoapparate, Handys, etc. verwenden
Eine Manipulation ist als trivial einfach zu bezeichnen und schon mit "Bordmitteln" von Windows (etwa dem Programm Paint) möglich.