Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 1345
Im Rahmen der nachträglichen Auswertung des Beweisvideos lässt sich neben der Geschwindigkeitsberechnung (vgl. Ausführungen unter Rdn 1339 ff.) auch eine Abstandsauswertung des zu messenden Fahrzeugs zum Messfahrzeug oder zu einem dritten Fahrzeug durchführen.
Hierbei wird zunächst die Durchschnittsgeschwindigkeit des zu messenden Fahrzeuges in der durch das Messpersonal festgelegten Wegstrecke ermittelt. Anschließend wird durch Auswertung des zeitlichen Abstandes (vgl. Rdn 353 ff.) zwischen der Hinterachse des vorausfahrenden Fahrzeuges und der Vorderachse des zu messenden Fahrzeuges in Höhe markanter Punkte auf der Fahrbahnoberfläche (z.B. Leitlinie, Richtungspfeil, Teerfuge, Schattenwurf, Übergang zwischen unterschiedlicher Asphaltierung ö. ä.) die Abstandsunterschreitung des zu messenden Fahrzeuges ermittelt. Die Bestimmung des zeitlichen Abstandes erfolgt dabei anhand des geeichten Einzelbildzählers des Messfahrzeuges.
Rz. 1346
Die von der Rechtsprechung geforderte Konstanz des Geschwindigkeits- und Abstandsverhaltens innerhalb einer "nicht nur ganz vorübergehenden Wegstrecke" setzt dabei voraus, dass die Auswertung des Messpersonals über eine Messstrecke mit ausreichender Länge erfolgt (vgl. hierzu auch § 1 Rdn 347).
Rz. 1347
Im Rahmen der behördlichen Auswertung sollte insbesondere sichergestellt werden, dass der Abstand zwischen dem zu messenden Fahrzeug und dem weiteren Fahrzeug auch innerhalb einer "nicht nur ganz vorübergehenden Wegstrecke" konstant in der beanzeigten Größenordnung liegt und sich keine beeinflussenden Fahrabläufe (Geschwindigkeitsreduzierung, Fahrstreifenwechsel) ereignet haben.
Wie auch bei der nachträglichen Auswertung der Geschwindigkeit zeigen Begutachtungen allerdings, dass Fehler bei der nachträglichen Auswertung des Abstandes durch das Messpersonal nie auszuschließen sind.
Rz. 1348
Zudem ist festzustellen, dass bei der behördlichen Auswertung zumeist keine Überprüfung des Geschwindigkeits- und Abstandsverhaltens innerhalb der "nicht nur ganz vorübergehenden Wegstrecke" erfolgt, sondern vielmehr der Abstand zwischen den Fahrzeugen lediglich an einer Position ausgewertet wird, also zunächst nichts weiter als eine reine "Momentaufnahme" darstellt.
Hinweis
Eine Überprüfung des behördlich ermittelten Abstandes sowie der Konstanz des Abstandsverhaltens lässt sich auch hier – je nach vorhandener Bildqualität – anhand einer vorhandenen Videoaufzeichnung vornehmen.
Rz. 1349
Sind entsprechende Fixpunkte auf der Fahrbahnoberfläche aufgrund eines zu großen (Nachfahr-)Abstandes zwischen dem Messfahrzeug und dem zu messenden Fahrzeug nicht mehr mit hinreichender Genauigkeit zu erkennen bzw. aufgrund der Fahr-/Aufnahmesituation im Videobild nicht ersichtlich oder aber gar nicht erst vorhanden, so lässt sich die Überprüfung der beanzeigten Abstandsunterschreitung auch hier nur noch anhand der Abbildungsgrößen-veränderung (ähnlich ViDistA; vgl. Rdn 1354) der Fahrzeuge überprüfen.