Julian Backes, Sven Eichler
1. Allgemeines
Rz. 1267
In aller Regel stammt beim Messen durch Nachfahren die ermittelte Geschwindigkeit vom Messfahrzeug selbst. Sie wird beim Messvorgang vom Tachografen abgelesen und durch Abstandsbetrachtungen auf das gemessene Fahrzeug übertragen.
Hinweis
Bei der beschriebenen Messung fallen grds. drei Messfehler auf:
1. |
der angezeigte Messwert selbst ist in einer gewissen Größenordnung falsch (technischer Messfehler, s. Rdn 1268 ff.), |
2. |
der angezeigte Messwert wird falsch abgelesen (Ablesefehler, s. Rdn 1277 ff.), |
3. |
der ermittelte Messwert wird fehlerhaft auf das gemessene Fahrzeug übertragen (Beobachtungsfehler, s. Rdn 1280 ff.). |
2. Technischer Messfehler
Rz. 1268
Unter einem technischen Messfehler ist der Fehler zu verstehen, der im Messgerät selbst entsteht.
Rz. 1269
§ 57 Abs. 2 StVZO nimmt für die Genauigkeit von "Geschwindigkeitsmessgeräten" in Kfz Bezug auf die Richtlinie 75/443/EWG. Hier waren früher Abweichung bis zu 7 % des Skalenendwertes in den beiden letzten Dritteln der Tachometeranzeige aufgegeben.
Rz. 1270
Für ab dem 1.1.1991 in Verkehr gekommene Fahrzeuge bestimmt sich nach der durch Richtlinie 97/39/EG geänderten Richtlinie 75/443/EWG die zulässige Abweichung geschwindigkeitsabhängig.
Hinweis
Wegen des Änderungsdatums darf unterstellt werden, dass diese Berechnungsmethode zwischenzeitlich für alle benutzten Messfahrzeuge anzuwenden ist.
Rz. 1271
Gem. Nr. 4.4. der Richtlinie darf die angezeigte Geschwindigkeit nicht geringer sein als die tatsächlich gefahrene. Die angezeigte Geschwindigkeit darf die tatsächliche Geschwindigkeit nach folgender Formel allerdings um 10 % zzgl. 4 km/h überschreiten:
0 ≤ V1 – V2 ≤ V2/10 + 4 km/h |
V1 stellt dabei die angezeigte Geschwindigkeit dar, V2 die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit.
Danach darf bei gefahrenen 50 km/h die angezeigte Geschwindigkeit 59 km/h betragen. Bei einer Geschwindigkeit von 150 km/h darf die Anzeige um 19 km/h vorgehen.
Diese Größenordnung ist bei einem ungeeichten Tachografen als technischer Fehler immer zu unterstellen.
Rz. 1272
Bei einem justierten Tachografen bestehen keine Bestimmungen über die Höhe zu berücksichtigender Toleranzen. Ein Eichschein, welcher die Größenordnung bestimmt, existiert nicht. Dass die Toleranz hier jedoch nicht geringer sein kann als bei einem geeichten Messgerät versteht sich von selbst.
Einen Toleranzwert kann man unter Berücksichtigung der sonstigen Eich- und Verkehrsfehlergrenzen bestimmen. So ist bei der Justierung eines Tachografen nach der Eichfehlergrenze und der Verkehrsfehlergrenze des bei der Justierung verwendeten Messgerätes zu fragen. Beträgt dessen Verkehrsfehlergrenze (Fehler im Betrieb) 3 km/h bei Werten bis 100 km/h und 3 % bei Werten über 100 km/h, so kann dessen "Verkehrsfehlergrenze" für den justierten Tacho als Laborwert oder Eichfehlergrenze bestimmt werden.
Rz. 1273
Legt man hier eine Eichfehlergrenze (Fehler bei der labormäßigen Prüfung) in dieser Größenordnung fest, so ist als Verkehrsfehlergrenze der Tachoanzeige des justierten Tachografen im Betrieb das Doppelte anzunehmen, mithin 6 km/h bei Werten bis 100 km/h und 6 % bei Werten über 100 km/h.
Rz. 1274
Genauere Ergebnisse bei der Eichung von Messgeräten sind anzunehmen, wenn die Eichung durch die Eichbehörden vorgenommen wird. Über alle Eichvorgänge werden Eichurkunden erstellt, in denen die Eich- bzw. Verkehrsfehlergrenzen im sog. Eichschein festgehalten werden.
Rz. 1275
Die genannten Größenordnungen beinhalten als Eichfehlergrenze den labormäßigen Fehler, also die Abweichung, um die der Messwert bei der labormäßigen Prüfung falsch sein darf.
Rz. 1276
Die Verkehrsfehlergrenze umfasst darüber hinaus die möglichen Abweichungen im Messbetrieb, die bei "normaler" Nutzung entstehen können.
Beispiele für die Abweichungen bei "normaler" Nutzung
Unterschiedlicher Luftdruck, Reifenabnutzung, Beladung von Fahrzeugen, Kurvenfahrten innerhalb eines Fahrstreifens u.Ä.
Diese Betrachtung zeigt, dass dann kein weiterer Spielraum in der Betrachtung der Verkehrsfehlergrenzen verbleibt. Jede Fehlergröße, die etwa durch Missachtung üblicher Anforderungen gestellt wird (etwa Messstreckenlänge, Messabstand oder Konstanz im Geschwindigkeitsverlauf) oder durch Fehlbedienung des Messgerätes entsteht, muss dann durch eine gesonderte Toleranzbetrachtung bedacht werden.
3. Ablesefehler
Rz. 1277
Beim Ablesefehler ist zu bedenken, dass das "Messpersonal" in aller Regel das Fahrzeug führen muss. Es hat die allgemeine Verkehrssicherheit zu beachten, darauf zu reagieren, den Messabstand herzustellen, ihn gleich bleibend einzuhalten und dabei noch regelmäßig den Tachowert abzulesen.
Erschwert wird das Ablesen alleine schon dadurch, dass der Geschwindigkeitswert nur ganz kurz eingesehen werden kann, da die sonstigen Tätigkeiten die überwiegende Aufmerksamkeit des Fahrzeugführers verlangen.
Rz. 1278
Eine exakte Bestimmung der Fehlergröße ist nirgendwo abschließend geregelt. Hier die auch von anderen Sachverständigen geforderte Größenordnung von 5 km/h anzunehmen erscheint durchaus sachgerecht.
Rz. 1279
Eine Reduzierung d...