Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 789
Die folgenden Fallbeispiele sind zunächst exemplarisch am Riegl FG21-P diskutiert. Sie gelten sinngemäß aber auch für alle anderen Handlasermessgeräte ohne Bild- oder Videodokumentation.
1. Visiertest an einem geeigneten Testobjekt am Beispiel des FG21-P
Rz. 790
Abbildung 7: Blick durch das Visier eines Riegl FG21-P auf eine Landstraße
Rz. 791
Abbildung 7 zeigt den Blick durch das Visier eines Riegl FG21-P auf eine Landstraße. In schwarz ist auf dem Fahrstreifen des ankommenden Verkehrs die Kreismarke zur Darstellung des maximal zulässigen Wirkungsbereiches vom 5 mrad zu erkennen. Adäquat ist schematisch der notwendige Abstand rund um ein mögliches Testobjekt (VZ 620, "Leitpfosten") eingezeichnet, der frei von weiteren guten Reflektoren sein muss, wenn der Visiertest hier in horizontaler und in vertikaler Richtung durchgeführt werden soll.
Rz. 792
Zu den daraus resultierenden Eindrücken (wann und wo hat sich die Reflexionsanzeige wie verhalten?) und somit zur Sicherstellung einer korrekten Justierung ist dann typischerweise die Befragung des Messpersonal erforderlich.
Rz. 793
Ein weiteres eingeschränkt geeignetes Testobjekt in Abbildung 7 ist etwa das Werbeschild links oberhalb der roten/grauen Markierung.
Rz. 794
Hieran könnte der Visiertest in der Art durchgeführt werden, dass das Messgerät zunächst von unten nach oben an die untere Kante des Schildes herangeführt wird und danach von oben nach unten an die obere Kante des Schildes.
Falls die Änderung des Pegels mit den Kanten des Schildes zusammenfällt, ist sichergestellt, dass der Laser in vertikaler Richtung nicht dejustiert ist.
Danach ist allerdings das Messgerät um 90° zu drehen und die gleiche Verfahrensweise wie gerade beschrieben zu wiederholen, um sicherzustellen, dass der Laser auch in horizontaler Richtung nicht dejustiert ist.
Ein horizontales Schwenken über das Schild ist hier nicht möglich, da der linke Rand durch einen Holzmast in absolut ungleicher Entfernung verdeckt ist.
2. Unvollständige Beschreibung des Visierobjekts am Beispiel des FG21-P
Rz. 795
In fast der Hälfte aller Fälle ist im Ergebnis von Ortsterminen (vgl. Rdn 1837) zur eigenständigen Bewertung der Eignung des Visierobjekts festzustellen, dass die im Messprotokoll geleisteten Einträge unvollständig sind. Beispielhaft zeigt die folgende Abbildung den Auszug aus einem Messprotokoll, wonach der Visiertest in zulässiger Entfernung von 228,0 m auf einem VZ 103 (Achtung Kurve) erfolgt ist.
Rz. 796
Abbildung 8: Auszug aus einem behördlichen Messprotokoll mit der Protokollation eines Visiertests
Rz. 797
Beim Ortstermin wurde indes festgestellt, dass sich direkt unterhalb ein Zusatzzeichen, und damit ein Objekt mit ähnlichen oder gar gleichen Reflexionseigenschaften befindet.
Rz. 798
Abbildung 9: Dokumentation des im Visierobjekts vom damaligen Standort des Messpostens aus. Der gelbe Ring verdeutlicht die Dimension der Kreismarke.
Ergänzend zur Abfrage des theoretischen Wissens im Sinne der Rdn 772 ergeben sich damit ganz konkrete Ansatzpunkte hinsichtlich der vollständigen/wahrheitsgemäßen Eintragung (wurde das Zusatzzeichen in den Visiertest einbezogen und nicht benannt?) und der Erkennbarkeit des Visierobjekts, das am oberen Rand nicht klar von der Vegetation abgegrenzt werden kann und insofern ein in der Gebrauchsanweisung formuliertes Kriterium nicht erfüllt.
3. Visiertest an einem ungeeigneten Testobjekt am Beispiel des FG21-P
Rz. 799
Folgende Abbildung zeigt zunächst eine der Ermittlungsakte entnommene behördliche Skizze zur Messörtlichkeit unter Verortung des gewählten Visierobjekts, einem "Zeichen Überholverbot".
Abbildung 10: Behördlich gefertigte Skizze zur Messörtlichkeit
Rz. 800
Gemäß dieser Skizze erfolgte die Überprüfung an einem freistehenden Verkehrszeichen.
Rz. 801
Im Ergebnis eines Ortstermins musste jedoch festgestellt werden, dass diese Form der Darstellung absolut unzutreffend ist.
Abbildung 11: Rekonstruktion der damaligen Sichtbeziehung des Messpostens; eigene Aufnahme
Abbildung 12: Ausschnittsvergrößerung aus vorheriger Abbildung; eigene Aufnahme
Rz. 802
Wie zu erkennen, widerspricht das gewählte Verkehrszeichen den Vorgaben der Gebrauchsanweisung, wonach sich die Reflexionseigenschaft deutlich von der unmittelbaren Umgebung unterscheiden muss. Denn das Visierobjekt ist etwa 250 m entfernt und unmittelbar hinter dem Verkehrszeichen befindet sich ein großflächiger Vorwegweiser mit gleichen/identischen Reflexionseigenschaften.
Das gewählte Verkehrszeichen ist somit schlicht ungeeignet, einen korrekten Test der Visiereinrichtung vorzunehmen, denn es lässt sich, unabhängig von der Strahlaufweitung, nach außen hin nicht abgrenzen.
Rz. 803
Damit ist bei der späteren Messung eine Dejustierung der Visiereinrichtung nicht auszuschließen und – resultierend aus einer möglichen Verschiebung des Wirkungsbereiches des Laserstrahls – eine fehlerhafte Messwertzuordnung möglich.
Rz. 804
Das Messpersonal dokumentiert durch die Wahl dieses Verkehrszeichens, dass Sinn und Zweck des Visiertests nicht bekannt sind. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Vorfeld ein VZ 274–58 (80 km/h) erkennbar ist, das auch in der händischen Skizze erfasst wurde. Dieses Verkehrszeichen steht völlig frei und hä...