Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 457
Die Zulassung des VKS 3.0 beschränkt sich ausschließlich auf die Aufzeichnung und Auswertung eines auf DV-Band aufgezeichneten Tatvideos.
Zur Identifizierung von fahrzeugspezifischen Merkmalen (Kennzeichen und Fahrzeugführer) ist das Tatvideo, auch mit Blick auf Rdn 406, absichtlich nicht geeignet.
Hierfür werden separate "Ident-Kameras" benötigt, deren Fotos explizit nicht Bestandteil der Zulassung sind.
Rz. 458
Entgegen der Darstellung der PTB kann das VKS 3.0 aus technischer Sicht aber nur als komplettes (Aufnahme-)System betrachtet werden, denn es werden Beweismittel zur Feststellung und Auswertung des Verstoßes sowie zur Feststellung und Ahndung des verantwortlichen Verkehrsteilnehmers gefertigt.
Seit der Zulassung im Jahr 2001 hat das VKS 3.0 mehrere erhebliche Veränderungen erfahren.
So hat Vidit, einhergehend mit seit Ende 2008 seine Fahreraufnahmen von einer durchgehenden Videoaufzeichnung (wie seit 2001 üblich) auf nur noch wenige verdachtsbezogene Fotos umgestellt und dazu eine neue Software mit enorm veränderten Funktionen (automatische Vorselektion von Verstößen) aufspielen und das System zusätzlich um völlig neue Hardware erweitern müssen.
Auch 2011 (3.1 3D) und 2012 (3.2 3D) wurde eine neue Software mit erheblich veränderten Funktionen aufgespielt, die seither Messungen an bisher nicht zulässigen Messstellen ermöglicht.
Bei Messgeräten anderer Hersteller hat die PTB betont, dass etwa bei einem Wechsel von analoger auf digitaler Fotografie, auch wenn sich am eigentlichen Messverfahren nichts ändert, immer der Stand der Technik einzuhalten ist,
Der Stand der Technik ergibt sich aus den "PTB-Anforderungen", kurz PTB-A.
Eine eigenständige PTB-A für das VKS 3.0 hat seit der Zulassung 2001 bis zum Dezember 2014 nicht existiert.
Der Stand der Technik für das Jahr 2008 findet sich insofern in themenverwandten Dokumenten zu Messgeräten mit gleicher Arbeitsweise, speziell PTB-A 18.13 (Geschwindigkeitsüberwachungsgeräte) und 18.11 (Video-Uhren), beide aus Dezember 2005.
Auch wenn die Dokumente anders heißen mögen, handelt es sich beim VKS 3.0 um nichts weiter als eine Videouhr, bei der sonst manuell durchgeführte Vorgänge bereits von der Software übernommen werden. Aus technischer Sicht sind die Inhalte dieser Dokumente daher selbstverständlich übertragbar.
Werden diese jeweils aus Dezember 2005 stammenden Dokumente als Referenz zugrunde gelegt, wird eine Sicherstellung von Integrität und Authentizität bzw. explizit ein Signatursystem gefordert.
Weiterhin sind technische Maßnahmen zu ergreifen, um falsche Zuordnungen der Messwerte zu vermeiden.
Weder die Aufzeichnung eines Videos auf DV-Band noch die ungeschützten Dateiformate der Ident-Fotos erfüllen diese Forderung. Es existieren bei beiden Formen der Speicherung keine technischen Sicherungen gegen Veränderungen oder gar Manipulationen.
Rz. 459
Ferner ist das VKS 3.0 ist in seiner jetzigen Zulassung nur geeignet, "Anzeigen gegen Unbekannt" zu schreiben, da keine im Rahmen der Zulassung geprüfte Möglichkeit existiert, ein unveränderbares Foto einem bestimmten Auswertevorgang im Tatvideo zuzuordnen.
Vielmehr werden die erforderlichen Fotos auf unbekanntem sowie ungeprüftem Weg gefertigt und abgelegt, besteht jederzeit Zugriff auf das technisch ungesicherte Material und können sich im Verlauf der Weiterverarbeitung durch händische Fehlzuordnungen zusätzliche Fehler einschleichen.
Dass dies nicht nur ein theoretisches Konstrukt, sondern Ursache für in der täglichen Praxis auftretende Fehler ist, wurde durch die hier gelieferten Fallbeispiele hinreichend belegt.
All das ist nach den Vorgaben der PTB 18.13 und 18.11 aus 2005 nicht zulässig und damit gleichzusetzen, dass ein Gerät nicht zugelassen werden darf.
Rz. 460
Als die PTB also 2008, 2011 und 2012 erhebliche Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Zulassung erlaubt hat, wurde sich über längst formulierte Anforderungen an die Digitalfotografie hinweggesetzt.
Deswegen konnte von Vidit im Nachgang Geräte neu gebaut und verkauft werden, die das aufgezeigte Fehlerpotenzial entfalten und seit der PTB-A 18.19 aus 2014 auch von keinem anderen Hersteller in derart defizitärer Form auf dem Markt gebracht werden dürfen.
Rz. 461
Juristisch ist weiterhin der Umstand zu würdigen, dass von Vidit eine PTB-Zulassung auf ein Foto mit wesentlicher Beweismittel-Funktion gedruckt wird, das nach Darstellung von Hersteller und PTB explizit kein Bestandteil der Zulassung ist. Es ist zu unterstellen, dass diese Täuschung den meisten Geräteverwendern, Bußgeldstellen und Gerichten nicht bekannt ist.
Fasst man alle Themenblöcke möglichst übersichtlich zusammen, so ergeben sich zum VKS 3.0 folgende Erkenntnisse:
Rz. 462
Gerätezulassung
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2001: Zulassung, schon damals unter Aussparung der Fahrer- und Kennzeichenaufnahmen, |
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2008: neue Software 3.1, die ab jetzt das Arbeiten mit vorselektierten Fällen ermöglicht, |
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2009: BVerfG entscheidet, dass die in 2001 vom Hersteller angedachte Fertigung einer durchlaufenden Videoaufzeichnung zur Kennzeichena... |