I. Vor der Vollstreckung
Rz. 6
Vor Einleitung konkreter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sollte der Gläubiger auch an andere Möglichkeiten denken, die Anschrift, den Arbeitgeber oder Vermögenswerte des Schuldners zu erfahren. Um sich ein Bild über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners zu machen, kann der Inhalt eines Vermögensverzeichnisses zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Hilfe genommen werden:
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Wovon lebt der Schuldner? (Arbeitgeber, Bürgergeld, Arbeitslosenunterstützung, Sozialleistungen, Krankengeld, Rentner, Selbstständig, Auftraggeber), |
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Bankverbindung (Sparguthaben, Wertpapierdepot, Bankschließfach), |
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Kapitaleinkünfte, |
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Grundbesitz (Haus, Eigentumswohnung, Erbbaurecht), |
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Miet- oder Pachteinkünfte, |
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Wertvolle Sammlungen (Münz-, Uhren-, Briefmarkensammlung), |
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Pkw, Motorrad, Wohnmobil, Fahrrad, |
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Mitglied in einer Genossenschaft, Verein, |
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Gesellschafter in einer GmbH, KG, OHG, UG oder GbR, |
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Lebensversicherung, |
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Bausparvertrag. |
Rz. 7
Kommt bereits die Zustellung des Vollstreckungstitels mit dem Bemerken zurück, der Schuldner sei unbekannt verzogen oder gänzlich unbekannt, wird der Gläubiger zunächst beim Einwohnermeldeamt nachfragen, § 44 BMG. Hat der Schuldner z.B. den Namen geändert, was viele Schuldner nach Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes (FamNamRG vom 16.12.1993, BGBl I, 2054 insbes. die Übergangsregelung Art. 7, wonach binnen eines Jahres nach Inkrafttreten der Name durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten jederzeit geändert werden konnte; das Gesetz galt bis zum 29.11.2007) in Anspruch genommen haben, muss der Gläubiger nicht immer vom Standesamt eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch beantragen, er kann auch beim Einwohnermeldeamt eine erweiterte Melderegisterauskunft beantragen, die als Nachweisurkunde ausreicht, § 45 BMG. Soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird, erhält der Gläubiger Daten zu früheren Namen, Geburtsdatum und Geburtsort sowie bei Geburt im Ausland auch den Staat, Familienstand, beschränkt auf die Angabe, ob verheiratet oder eine Lebenspartnerschaft führend oder nicht, derzeitige Staatsangehörigkeiten, frühere Anschriften, Einzugsdatum und Auszugsdatum, Familienname und Vornamen sowie Anschrift des gesetzlichen Vertreters, Familienname und Vornamen sowie Anschrift des Ehegatten oder des Lebenspartners sowie Sterbedatum und Sterbeort sowie bei Versterben im Ausland auch den Staat.
Rz. 8
Eine weitere Möglichkeit ist die Nachfrage bei der Post oder anderen Dienstleistern, ob ein Nachsendeauftrag vorliegt. Manchmal helfen sogar ein Blick ins Online- Telefonbuch bzw. "Das Örtliche" und ein sich anschließender Testanruf, da einige Schuldner sich nur zum Schein beim Einwohnermeldeamt abmelden. Gleiches gilt für eine Suche in Foren oder Netzwerken, z.B. facebook, Instagram, Twitter (jetzt X), TikTok, Xing oder LinkedIn.
Rz. 9
Bei einem Schuldner, der mit dem Gläubiger in nachbarrechtlicher Beziehung steht, sollte bei dem Hausnachbarn oder den Wohnungseigentümern in derselben Wohnungsgemeinschaft bzw. dem Wohnungseigentumsverwalter nachgefragt werden. Auch der Hausmeister ist zu befragen. Zur Feststellung der persönlichen oder gewerblichen Anschrift empfiehlt sich eine Anfrage bei dem Gewerbemeldeamt, der IHK oder der Handwerkskammer. Weitere Erkenntnisse kann der Gläubiger auch durch Anfragen bei bundesweit tätigen größeren Auskunfteien erlangen, die für durchaus angemessene Pauschalen Ermittlungen durchführen.
Rz. 10
Durch Anfragen beim Insolvenzgericht, Handelsregister (auch www.handelsregister.de oder www.unternehmensregister.de), Gesellschaftsregister, Vereinsregister oder Grundbuchamt können sich ebenfalls wertvolle Erkenntnisse ergeben.
Rz. 11
Sinnvoll ist oft eine Vorabanfrage beim zentralen Vollstreckungsgericht, §§ 802k, 882b ZPO (Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis, § 882f ZPO). Die Auskunft bezieht sich auf die Tatsachen, die nach § 882b Abs. 2 und 3 ZPO im Schuldnerverzeichnis eingetragen werden. Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis ist jedem gestattet, der darlegt, Angaben zu benötigen:
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für Zwecke der Zwangsvollstreckung, |
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um gesetzliche Pflichten zur Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit zu erfüllen, |
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um Voraussetzungen für die Gewährung von öffentlichen Leistungen zu prüfen, |
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um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, |
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für Zwecke der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung, |
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zur Auskunft über ihn selbst betreffende Eintragungen. |
Rz. 12
Die Informationen dürfen nur für den Zweck verwendet werden, für den sie übermittelt worden sind. Sie sind nach Zweckerreichung zu löschen. Nichtöffentliche Stellen sind darauf bei der Übermittlung hinzuweisen.
Rz. 13
Nach § 882f Abs. 2 ZPO gilt weiter, dass das Recht auf Einsichtnahme durch Dritte sich nicht auf Angaben nach § 882b Abs. 2 Nr. 3 ZPO erstreckt, wenn glaubhaft gemacht wird, dass zugunsten des Schuldners eine Auskunftssperre gemäß § 51 des Bundesmeldegesetzes eingetra...