Rz. 62
Mit dem Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG) vom 21.11.2016 (BGBl I, S. 2591) wurde § 754a ZPO neu eingefügt. Im Fall eines elektronisch eingereichten Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der einer Vollstreckungsklausel nicht bedarf, ist bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides entbehrlich, wenn
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die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderungen und Kosten nicht mehr als 5.000 EUR beträgt; Kosten der Zwangsvollstreckung sind bei der Berechnung der Forderungshöhe nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind; |
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die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides nicht vorgeschrieben ist; |
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der Gläubiger dem Auftrag eine Abschrift des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument beifügt und |
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der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht. |
Die Regelung des § 754a Abs. 1 ZPO erfasst ausschließlich an den Gerichtsvollzieher gerichtete Vollstreckungsaufträge und nicht auch einen an das Vollstreckungsgericht gerichteten Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls.
Rz. 63
Sollen Kosten der Zwangsvollstreckung vollstreckt werden, sind dem Auftrag zusätzlich eine nachprüfbare Aufstellung der Kosten und entsprechende Belege als elektronisches Dokument beizufügen, § 754a Abs. 1 ZPO.
Rz. 64
Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen, teilt er dies dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides übermittelt oder die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat, § 754a Abs. 2 ZPO.
Rz. 65
Die Vorschrift übernimmt den Regelungsinhalt von § 829a ZPO (vereinfachter Antrag auf Zwangsvollstreckung zur Pfändung und Überweisung einer Geldforderung bei Vollstreckungsbescheiden). Für Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher sieht § 753 Abs. 3 S. 2 ZPO vor, dass für elektronisch eingereichte Aufträge besondere Formulare eingeführt werden können. Mit dieser Bestimmung soll eine Vereinfachung und Beschleunigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens erreicht werden, soweit die Zwangsvollstreckung von Geldforderungen durch den Gerichtsvollzieher auf der Grundlage von Vollstreckungsbescheiden betroffen ist.
Rz. 66
Bei der Bemessung der Wertgrenze bis zu 5.000 EUR sind nur "titulierte" Nebenforderungen und Kosten zu berücksichtigen. Der Gerichtsvollzieher hat dadurch keine schwierigen Abgrenzungsfragen zu klären, zumal er die zu vollstreckende Gesamtforderung ohnehin berechnen muss. Durch Geltendmachung von Teilforderungen oder Restforderungen kann der Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des § 754a ZPO nicht eröffnet werden. Auf welchen Betrag der Vollstreckungsauftrag lautet, kommt es nicht an. Der Wortlaut von § 754a ZPO ist eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich.
Rz. 67
Die Berücksichtigung dieser Forderungen ist auch darin begründet, dass sie sich aus grundsätzlich erstattungsfähigen, tatsächlich entstandenen Aufwendungen des Gläubigers, gesetzlichen Zinsen bzw. aus Verfahrenskosten, die durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss festgestellt werden, zusammensetzen, die gemäß § 367 BGB vorrangig befriedigt werden. Dabei laufen insbesondere die Zinsen nicht deshalb auf, weil der Gläubiger mit der Vollstreckung zuwartet, sondern weil der Schuldner die titulierte Forderung nicht bezahlt. Außer Betracht sollen die in § 788 Abs. 1 ZPO genannten Kosten der Zwangsvollstreckung bleiben, die ohne gerichtliche Kostenfestsetzung zusammen mit dem vollstreckbaren Anspruch beigetrieben werden. Der Gläubiger ist allerdings berechtigt, für die Kosten der Zwangsvollstreckung ebenfalls einen gesonderten Kostenfestsetzungsbeschluss zu beantragen.
Rz. 68
Für den Fall einer missbräuchlichen Vollstreckung über das titulierte Maß hinaus wird der Schuldner dadurch geschützt, dass der Gerichtsvollzieher auch bei einem vereinfachten Vollstreckungsauftrag eine Quittung nach § 757 Abs. 1 ZPO zu erteilen hat. Die Quittung ermöglicht – unabhängig von einer beim vereinfachten Vollstreckungsauftrag nach § 754a ZPO nicht stattfindenden Übergabe einer vollstreckbaren Ausfertigung – eine Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 4 ZPO.
Rz. 69
Zusätzlichen Schuldnerschutz gewährt § 754a Abs. 2 ZPO für Fälle, in denen der Gerichtsvollzieher trotz entsprechender Gläubigerversicherung begründete Zweifel an dem Vorliegen einer Vollstreckun...