Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 16
Das Geständnis im Sinne des § 288 ZPO ist zu unterscheiden von der Fiktion des Zugestehens nach § 138 Abs. 3 ZPO.
Sie unterscheiden sich in ihren Voraussetzungen und in ihren Rechtswirkungen.
Durch ein Geständnis räumt eine Partei den Tatsachenvortrag des Gegners als zutreffend ein. Nach § 288 ZPO bedürfen die von einer Partei behaupteten Tatsachen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung zugestanden worden sind. Gegenstand eines Geständnisses können zunächst Tatsachen sein, zu denen auch innere Tatsachen wie eine Willensrichtung gehören. Einem Geständnis zugänglich sind darüber hinaus auch juristisch eingekleidete Tatsachen. Es kann auch so sein, dass eine gar nicht darlegungspflichtige Partei von sich aus einen ihr ungünstigen Geschehensablauf eingesteht und der Gegner sich diesen dann zu eigen macht. Man spricht dann von einem vorweggenommenen Geständnis. Bei offenkundiger Unwahrheit hat ein Geständnis keine Bindungswirkung. Von diesem Sonderfall abgesehen ist dagegen auch das bewusst falsche Geständnis bindend, es sei denen es liegt betrügerisches Zusammenwirken der Parteien zum Nachteil eines Dritten vor, siehe auch Rdn 18.
Im Anwaltsprozess gesteht eine Partei im Sinne des § 288 ZPO durch den Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten, nicht durch ihre Aussage bei der Parteivernehmung; siehe auch Rdn 18.
BGH NJW 1995, 1432:
Zitat
Erklärungen einer Partei im Rahmen der Parteivernehmung enthalten kein Geständnis.
BGH NJW-RR 2009, 1272:
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Einer Erklärung, die eine Partei bei ihrer persönlichen Anhörung gem. § 137 Abs. 4 ZPO oder § 141 ZPO in der mündlichen Verhandlung abgibt, kann nicht die Wirkung eines Geständnisses beigemessen werden. Eine solche Erklärung hat keine weiterreichendere Wirkung als eine Parteierklärung bei einer Parteieinvernahme gem. § 445 ZPO.
Das Geständnis ist erst dann bindend, wenn es Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, vgl. Rdn 1 ff., oder auch in einem nachgelassenen Schriftsatz vorgetragen war, nicht aber schon, wenn es in einem vorbereitenden Schriftsatz erfolgte. Der Prozessgegner darf also nicht zu früh – und vor allem nicht laut – triumphieren, da der Gestehende sein Geständnis bis zur Antragstellung noch widerrufen kann.
Die Frage, ob ein Geständnis im Sinne des § 288 ZPO bei einer Anhörung der Partei nach § 141 ZPO erfolgen kann, hat der BGH grundsätzlich verneint. Einer Erklärung, die eine Partei bei ihrer persönlichen Anhörung gem. § 141 ZPO in der mündlichen Verhandlung abgibt, kann nicht die Wirkung eines Geständnisses beigemessen werden.
An ihr Geständnis bleibt die Partei bis in die Berufungsinstanz hinein gebunden, § 535 ZPO. Die Möglichkeit, sich von einem Geständnis gemäß § 290 ZPO wieder zu lösen, ist mehr theoretischer Natur. Denn es kann schon derjenige ein Geständnis nicht widerrufen, der lediglich eine Ungewissheit bewusst in Kauf nimmt.
OLG Köln NJW-RR 2000, 1478:
Zitat
Nach § 290 ZPO verliert das Geständnis seine Wirkung nur, wenn die das Geständnis widerrufende Partei beweist, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspricht und durch einen Irrtum veranlasst ist. Zum schlüssigen Vorbringen eines begründeten Widerrufs gehört die Darlegung von Tatsachen, die den Zugestehenden an der Erkenntnis des wahren Sachverhalts hinderten oder die unrichtige Darstellung herbeigeführt haben.
Hat die nicht darlegungs- und beweisbelastete Partei etwas "zugestanden", liegt kein Geständnis im Rechtssinne vor, weshalb auch § 290 ZPO einen "Widerruf" nicht ausschließt. Ein Geständnis kann nur von der nicht beweisbelasteten Partei abgegeben werden. Denn es muss sich auf eine für den Gestehenden ungünstige (im Sinne der Beweislastverteilung) und vom beweisbelasteten Gegner behauptete Tatsache beziehen.
OLG Jena NJW-RR 2018, 260:
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Ein Geständnis kann nur von der nicht beweisbelasteten Partei abgegeben werden. Denn es muss sich auf eine für den Gestehenden ungünstige (i.S.d. Beweislastverteilung) und vom beweisbelasteten Gegner behauptete Tatsache beziehen.
Da die Beweislast für die Höhe des Anfangsvermögens bei dem jeweiligen Ehegatten liegt, hat die Ast. hier ein Geständnis bezüglich des Werts des Grundstücks des Ag. abgegeben. Denn sie ist die nicht beweisbelastete Partei.
Die Beweislast für die Höhe des Endvermögens beider Ehegatten liegt dagegen bei der Ast. Sie konnte daher keinen Wert, der für die Bestimmung des Endvermögens zu berücksichtigen ist, zugestehen. Insoweit kommt nur der Ag. als Zugestehender in Betracht. Nach § 290 ZPO verliert das Geständnis seine Wirkung nur, wenn die das Geständnis widerrufende Partei beweist, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspricht und durch einen Irrtum veranlasst ist. Zum schlüssigen Vorbringen eines begründeten Widerrufs gehört die Darlegung von Tatsachen, die den Zugestehenden an der Erkenntnis des wahren Sachverhalts hinderten oder die unrichtige Darstellung herbeigeführt haben.
Nicht jedes Geständnis ist auch ein Geständnis i...