Dr. iur. Christian Saueressig
I. Bestimmter Antrag
Rz. 37
Der von einer Partei zu stellende Antrag muss bestimmt sein, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; ein unbestimmter Antrag ist unzulässig und führt schon aus diesem Grunde zur Abweisung der Klage. Das Gericht ist gehalten, die Anträge auf die Bestimmtheit hin zu überprüfen, und hat notfalls gemäß § 319 ZPO Formulierungshilfe zu leisten. Unbestimmt ist ein Antrag dann, wenn er keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
Einem Kläger ist auch nicht damit gedient, wenn es ihm gelingt, mit einem unzulänglich bestimmten Antrag zu obsiegen. Denn er muss befürchten, dass der Vollstreckungsbeamte die Zwangsvollstreckung aus dem Titel ablehnt. Der Mangel der Bestimmtheit lässt sich nicht durch Berichtigung des Tenors nach § 319 ZPO oder Ergänzung nach § 321 ZPO korrigieren. Dem Kläger bleibt nichts anderes übrig, als erneut zu klagen. Dieser Klage würde allerdings die Rechtskraft der zuvor ergangenen unvollkommenen Entscheidung nicht entgegenstehen.
Rz. 38
Eine Erwähnung verdient auch die Bestimmtheit des Antrages im Mahnverfahren, da immer wieder in Rechtsstreitigkeiten die Frage auftaucht, ob die Verjährung durch das Mahnverfahren rechtswirksam unterbrochen worden ist.
Nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO muss der Antrag enthalten:
die Bezeichnung des Antrages unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung; Haupt- und Nebenforderungen sind gesondert und einzeln zu bezeichnen, Ansprüche aus Verträgen, für die das Verbraucherkreditgesetz gilt, auch unter Angabe des Datums des Vertragsabschlusses und des nach dem Verbraucherkreditgesetz anzugebenden effektiven oder anfänglichen effektiven Jahreszinses.
Ein Mahnantrag bedarf grundsätzlich keiner Substantiierung oder gar einer Begründung. Nicht erforderlich ist es also beispielsweise, schon im Mahnbescheid die Schadenshöhe durch Nennung der zerstörten Gegenstände nebst Wertangaben im Einzelnen aufzufächern. Die insoweit erforderliche Substantiierung eines Schadensersatzanspruchs kann im Laufe des Rechtsstreits beim Übergang in das streitige Verfahren nachgeholt werden. Allerdings setzt eine wirksame Hemmung der Verjährung durch einen Mahnbescheid immer voraus, dass die im Wege des Mahnverfahrens geltend gemachten Ansprüche hinreichend individualisiert sind. Entscheidend ist der Erkenntnishorizont des Anspruchsschuldners. Er muss genau erkennen können, welcher oder welche/r Anspruch/Ansprüche gegen ihn im Mahnbescheid geltend gemacht werden.
BGH NJW 2000, 1420:
Zitat
Zur Unterbrechung der Verjährung muss der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden können, dass er über einen Vollstreckungsbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung möglich ist, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht.
Wenn mehrere Einzelansprüche und nicht nur unselbstständige Rechnungsposten eines einheitlichen (Schadens-) Anspruchs geltend gemacht werden, gehört es zur notwendigen Individualisierung des Anspruchs, dass die Zusammensetzung des geltend gemachten Betrags bereits aus dem Mahnbescheid für den Anspruchsgegner erkennbar ist. Im Mahnbescheid kann zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auch auf Rechnungen oder andere (vorprozessuale) Urkunden Bezug genommen werden. Diese sind jedenfalls dann zur Individualisierung des Anspruchs geeignet, wenn sie dem Mahnbescheid in Abschrift beigefügt werden oder dem Gegner bereits zugegangen sind. Die Praxis behilft sich insoweit regelmäßig mit einem außergerichtlichen Anspruchsschreiben. Auf dieses Anspruchsschreiben wird dann im Mahnantrag ausdrücklich Bezug genommen. Das ist für eine Individualisierung ausreichend. Soll ein einheitlicher Antrag auf unterschiedliche Lebenssachverhalte und damit verschiedene Streitgegenstände gestützt werden, muss dies im Mahnantrag hinreichend zum Ausdruck kommen, um dem Gegner die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs zu ermöglichen.
Ob eine Falschbezeichnung des Antragstellers in einem Mahnbescheid für die Individualisierung schädlich oder unschädlich ist, bestimmt sich streng nach dem Empfängerhorizont. Kann bzw. muss der Anspruchsgegner erkennen, dass es sich um ein Versehen (z.B. ein Schreibversehen) handelt, ist dies unschädlich.
BGH NJOZ 2019, 507:
Zitat
Unterschreitet der im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids angegebene Gesamtbetrag der geltend gemachten Ansprüche geringfügig den in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben genannten Gesamtbetrag, auf das ohne dessen Beifügung zur Individualisierung der Ansprüche Bezug genommen wird, ist dies unschädlich, wenn für den Antragsgegner ohne Weiteres ersichtlich ist, dass es sich um ein Schreibversehen handelt.
Die im Mahnbescheid nicht hinreichende Individualisierung des Anspruchs kann im Übrigen nachgeholt werden. Die Nachholung der Individualisierung hemmt die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB aber nicht rückwirkend, sondern nur ab dem Zeitpunkt ihrer Vornahme. Für die nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfa...