Rz. 11
Neben der Frage der Weisungsabhängigkeit kann für die Abgrenzung auch weiterhin auf die schon bisher von der Rechtsprechung anerkannten Kriterien zurückgegriffen werden:
So hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit und damit auch die rechtliche Einordnung einer Tätigkeit gemäß § 611a Abs. 1 S. 3 BGB von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Insoweit kann es indizielle Bedeutung in die eine oder andere Richtung haben, wenn bestimmte Tätigkeiten typischerweise in der Form eines Arbeitsverhältnisses oder in Form einer freien Mitarbeit erbracht werden. Neben der mit einer solchen Argumentation einhergehenden Gefahr eines Zirkelschlusses ist allerdings festzustellen, dass die Art der Tätigkeit in den problematischen Fällen in aller Regel keinen sicheren Schluss auf die rechtliche Einordnung zulässt, da eine Ausgestaltung der Tätigkeit sowohl als Arbeitsverhältnis als auch als freie Mitarbeit zumindest denkbar ist.
Rz. 12
Das Arbeitsverhältnis zeichnet sich in der Regel in Abgrenzung zum Dienstvertrag wie schon angedeutet weiter dadurch aus, dass der Arbeitnehmer im Gegensatz zum freien Mitarbeiter in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist. So spricht es für das Vorliegen einer solchen Eingliederung, wenn der die jeweilige Leistung Erbringende in fremden Räumlichkeiten und dort mit fremden Betriebsmitteln (Maschinen, Werkzeuge, Büroausstattung, IT, etc.) arbeitet. Die Eigentumsverhältnisse an verwendeten Betriebsmitteln (z.B. der Laptop oder die Reinigungsutensilien in den genannten Beispielsfällen) können also durchaus indizielle Bedeutung für die Abgrenzung haben.
Rz. 13
Zudem ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers typischerweise fremdnützig, während der freie, selbstständige Mitarbeiter auf eigene Rechnung und auf eigenes wirtschaftliches Risiko arbeitet. Insofern kommt wiederum dem Geschäftsinhalt und der tatsächlichen Durchführung des Vertrags indizielle Bedeutung zu: So stehen bekanntlich einem "freien" Mitarbeiter mangels Arbeitnehmereigenschaft (siehe etwa § 2 BUrlG und § 1 Abs. 2 EntgFG) weder Ansprüche auf bezahlten Urlaub noch auf eine Fortzahlung der Vergütung während Phasen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu. Die Tatsache, dass die Parteien genau dies so vertraglich vereinbaren und praktisch auch so handhaben oder z.B. das Risiko einer Nicht- oder Schlechtleistung durch entsprechende Regelungen zur Gewährleistung dem zur Dienstleistung Verpflichteten auferlegen, spricht für das Vorliegen einer freien Mitarbeit. Es bleibt allerdings dabei, dass am Ende eine Gesamtbetrachtung den Ausschlag geben muss, die auch zu dem Ergebnis führen kann, dass sich die vertraglichen Regelungen und die tatsächliche Praxis gerade als unzulässige Abweichung von den arbeitsrechtlichen Standards darstellt.
Rz. 14
Weiter zeichnet sich der Selbstständige in der Regel auch dadurch aus, dass er nicht nur einem "Herren" dient, sondern zumindest die theoretische Möglichkeit hat, auch für weitere Dienstgeber tätig zu werden. Zwingend ist allerdings auch dies nicht: Auch eine Tätigkeit ausschließlich für einen Dienstgeber, die dann in der Regel eine erhebliche wirtschaftliche Abhängigkeit von diesem mit sich bringen wird, kann im Rahmen einer freien Mitarbeit ausgeführt werden. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses weder erforderlich noch ausreichend. Jedoch spricht es andererseits für eine Selbstständigkeit, wenn der Dienstnehmer für unterschiedliche, wechselnde Dienstgeber tätig wird und sich die Situation damit etwa auch deutlich von der eines Arbeitnehmers unterscheidet, dem lediglich eine bestimmte Nebentätigkeit genehmigt wurde.