Rz. 16
Da der Arbeitsvertrag eine Unterform des Dienstvertrags ist, unterscheidet auch er sich zunächst von einem Werkvertrag nach § 631 BGB dadurch, dass der Arbeitnehmer im Gegensatz zu einem Werkunternehmer lediglich eine Tätigkeit als solche, nicht jedoch die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs schuldet. Der Dienstnehmer bzw. Arbeitnehmer ist nach § 611 Abs. 1 BGB zur "Leistung der versprochenen Dienste", der Werkunternehmer nach § 631 Abs. 1 BGB zur "Herstellung des versprochenen Werkes" verpflichtet. Mit anderen Worten: Im Gegensatz zum Werkunternehmer schuldet der Arbeitnehmer das "Wirken", nicht jedoch das "Werk". Gemeinsam ist beiden Vertragsarten, dass sowohl der Dienstnehmer als auch der Werkunternehmer tätig werden, um als Gegenleistung für ihr Handeln die vertraglich versprochene Vergütung zu verdienen.
Die Beantwortung der Frage, ob sich der Versprechende zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs verpflichten möchte (und hierfür auch nach Maßgabe der werkvertragsrechtlichen Gewährleistungsvorschriften der §§ 633 ff. BGB einstehen möchte) oder ob lediglich eine bestimmte Tätigkeit geschuldet werden soll, ist in Zweifelsfällen durch Auslegung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Die Auslegung kann im Einzelfall schwierig sein, da Leistungen vielfach sowohl im Rahmen eines Dienstvertrags als auch im Rahmen eines Werkvertrags erbracht werden können. Die vertragliche Beschreibung eines Ziels ist in diesem Zusammenhang noch kein hinreichendes Indiz für die Annahme eines Werkvertrags, da auch bei einem Dienstvertrag die geschuldete Tätigkeit der Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs dienen kann. Für das Vorliegen eines Werkvertrags kann es jedoch sprechen, wenn die Parteien die zu erledigende Aufgabe und ihren Umfang konkret festlegen oder eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbaren. Auch der Frage, für wie wahrscheinlich die Parteien den Eintritt des Erfolgs halten, kann Bedeutung zukommen: Ein Werkvertrag ist jedenfalls in aller Regel dann nicht anzunehmen, wenn die Erreichung des Erfolgs gar nicht in der Macht des Verpflichteten liegt. Je wahrscheinlicher der Eintritt des Erfolgs dagegen ist, desto eher kann eine werkvertragliche Verpflichtung angenommen werden.
Rz. 17
Die Abgrenzungsfrage zwischen Werk- und Arbeitsvertrag stellt sich in den letzten Jahren verstärkt auch mit etwas anderem Blickwinkel in den Fällen des Drittpersonaleinsatzes: Aufgrund der zunehmend dichteren Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung weicht die Praxis hier verschiedentlich auf werkvertragliche Gestaltungsmodelle aus. Statt Arbeitnehmer i.S.d. AÜG zu überlassen, verpflichtet sich der Werkunternehmer hier i.d.R. gegenüber dem Besteller zur Erbringung eines bestimmten Leistungserfolges und setzt zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs (u.U. durchaus zahlreich) seine eigenen Arbeitnehmer als Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 BGB ein, die teils auch – auf den ersten Blick ähnlich wie in der Situation einer Arbeitnehmerüberlassung – vor Ort beim Besteller tätig werden. Politisch wurde diese Ausweichbewegung in den letzten Jahren mit Argwohn beobachtet und teils (vorschnell) als "Missbrauch des Werkvertrags" bezeichnet. Ob es sich aber tatsächlich um einen "Missbrauch" in Gestalt einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung bzw. eines Scheinwerkvertrags oder nicht doch um ein völlig legitime werkvertragliche (oder manchmal auch dienstvertragliche) Gestaltungsvariante handelt, ist im Einzelfall insbesondere unter Berücksichtigung der Frage zu bestimmen, ob und inwieweit die Erfüllungsgehilfen des (vermeintlichen) Werkunternehmers in die Arbeitsorganisation des (vermeintlichen) Bestellers eingegliedert und dort den Weisungen des (vermeintlichen) Bestellers unterworfen werden.
Rz. 18
In den im Zusammenhang mit einer AGB-Kontrolle auftretenden und damit hier vorrangig interessierenden Fällen arbeitsrechtlicher Standardverträge dürfte die Abgrenzung zum Werkvertrag in aller Regel wenig Schwierigkeiten bereiten. Wird für eine Mehrzahl von Fällen ein (in aller Regel treffend als "Arbeitsvertrag" überschriebenes) Vertragsmuster verwendet, sind Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses meist nicht angebracht. Schon die Vielzahl der Verwendungsfälle spricht dann gegen das Vorliegen eines Werkvertrags.