Rz. 99
Das klagende Land nahm den Beklagten aus übergegangenem Recht (§ 72 LBG Rheinland-Pfalz) wegen der Verletzung der psychischen Gesundheit eines Polizeibeamten auf Schadensersatz in Anspruch.
Rz. 100
Hintergrund des Rechtsstreits war ein Amoklauf des Beklagten am 18.2.2010 in einer Berufsbildenden Schule in L. Der Beklagte, ein ehemaliger Schüler dieser Schule, der an dem sogenannten Klinefelter-Syndrom leidet und aufgrund dessen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung entwickelt hat, begab sich an diesem Tag während der Unterrichtszeit in das Schulgebäude. Er war mit einem Messer und einer geladenen Schreckschusspistole bewaffnet und führte bengalische Feuer mit sich. Er wollte seinen früheren Lehrer B. und den Schulleiter L. töten. Mittels der Feuerwerkskörper wollte er Feueralarm und damit Chaos auslösen, um sodann weitere Lehrer sowie Schüler töten zu können.
Rz. 101
Nach Betreten des Schulgebäudes traf der Beklagte auf den Lehrer B. und tötete diesen durch fünf Messerstiche. Im Anschluss daran löste er Feueralarm aus. Er bedrohte drei Lehrer, denen er im Treppenhaus begegnete, mit der Schreckschusspistole, schlug einen der Lehrer zu Boden und gab mehrere Schüsse aus seiner Schreckschusspistole ab, darunter einen auf den Schulleiter L., der ihn zum Aufgeben bewegen wollte.
Rz. 102
Zu den nach Verständigung der Polizei zum Tatort beorderten Polizeibeamten gehörte der Polizeibeamte K., der mit drei weiteren Kollegen das Schulgebäude betrat und es gezielt nach dem mutmaßlichen Amokläufer durchsuchte. Nachdem die Polizisten den Beklagten gestellt hatten, forderten sie ihn unter Vorhalt ihrer Dienstwaffen zur Aufgabe auf. Der Beklagte warf daraufhin seine Schreckschusspistole und eine Umhängetasche weg und ließ sich festnehmen.
Rz. 103
Bei dem Polizeibeamten K. lag infolge dieses Vorfalls eine Anpassungsstörung als Reaktion auf eine schwere seelische Belastung vor, die eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit zur Folge hatte und zu einer Dienstunfähigkeit vom 22.2.2010 bis 13.3.2010 führte.
Rz. 104
Das klagende Land hat als Versorgungsträger aus übergegangenem Recht der nach dem Amoklauf an ihrer (psychischen) Gesundheit beschädigten Landesbediensteten – mehrerer Lehrer und des Polizeibeamten K. – Schadensersatz aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung verlangt. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, bezogen auf den Polizeibeamten K. in Höhe von 3.053,77 EUR nebst Zinsen. Auf die Berufung des Beklagten, mit der sich dieser allein gegen seine Verurteilung im Hinblick auf die Gesundheitsbeschädigung des Polizeibeamten K. gewandt hat, hat das Oberlandesgericht das Urteil insoweit abgeändert und die Klage in diesem Umfang abgewiesen.
Rz. 105
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrte das klagende Land die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.