Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
Rz. 18
Das Kostenrisiko des erstinstanzlichen Verfahrens setzt sich zusammen aus den Gerichtskosten und der Vergütung eines Anwalts.
I. Gerichtskosten vor den Arbeitsgerichten
Rz. 19
Gegenüber den Regelungen zu den Gerichtskosten vor den Zivilgerichten gibt es bei den erstinstanzlichen Gerichtskosten im Arbeitsrecht drei wesentliche Unterschiede zu beachten:
Rz. 20
1. Kostenvorschüsse werden nicht erhoben (§§ 6 Abs. 3, 9, 11 GKG). Deshalb ist es unvorteilhaft, in eine Klageschrift (Muster einer arbeitsrechtlichen Klage siehe § 9 Rdn 19) einen vorläufigen Streitwert zu schreiben. Wenn die Kanzlei auch regelmäßig vor anderen Gerichtszweigen auftritt, kann es beim Postausgang passieren, dass Mitarbeiter des Prozessbevollmächtigten des Klägers Gerichtskosten einzahlen. Diese fälschlicherweise eingezahlten Gerichtskosten lösen Probleme aus (Erstattung/Anrechnung).
Kostenvorschüsse werden auch in Zwangsvollstreckungssachen aus arbeitsgerichtlichen Titeln nicht erhoben. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 11 GKG gilt dies ebenfalls, wenn das Amtsgericht Vollstreckungsgericht ist. Auch Gerichtsvollzieher dürfen nach § 4 Abs. 1 S. 4 GvKostG keine Gebührenvorschüsse verlangen, wenn sie aufgrund arbeitsgerichtlicher Titel tätig werden sollen.
Rz. 21
2. Endet das Verfahren durch einen vor Gericht abgeschlossenen Vergleich, dann entfallen die Gerichtsgebühren (Vorbemerkung 8 der Anlage 1 zum GKG). Ein Teilvergleich reicht nicht (Vorbemerkung 8 S. 2 der Anlage 1 zum GKG). Es muss sich dabei zumindest um einen Prozessvergleich i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO handeln. Hierzu zählt auch ein Vergleich im Sinne des § 278 ZPO. Gefordert ist daneben, dass der Vergleich eine ausdrückliche oder konkludente Kostenregelung enthält. Diese konkludente Kostenregelung kann aus § 98 ZPO folgen. Zur Vermeidung eines kostenpflichtigen Beschlusses nach § 91a ZPO sollte eine vergleichsweise Regelung der Kosten im Zweifelsfall auch mit der Rechtschutzversicherung abgesprochen werden.
Rz. 22
Für gerichtliche Auslagen gilt die Vorbemerkung 8 der Anlage zum GKG nicht. Geringfügige Auslagen werden allerdings nicht erhoben. Die Grenze der Geringfügigkeit legen die Bundesländer fest. Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass die Kosten für eine Zustellung nicht erhoben werden. Außerdem ist zu bedenken, dass ein Vergleich dazu führt, dass die Auslagen nach dem Parteiwillen hälftig geteilt werden (Liste der jeweiligen Grenzwerte der Geringfügigkeit im Anhang siehe § 9 Rdn 12).
Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Parteien weder Gerichtsgebühren noch Auslagen zahlen müssen, wenn sie sich erstinstanzlich vergleichen und nicht mehr als zwei Zustellungen stattgefunden haben, weil bei einem Vergleich die Kosten gegeneinander aufgehoben werden.
Beispiel
Der Arbeitnehmer A lässt, vertreten durch Rechtsanwalt R, vor dem Arbeitsgericht Klage erheben. Das Arbeitsgericht stellt die Klage förmlich mit Postzustellungsurkunde dem Arbeitgeber B zu und lädt gleichzeitig zur Güteverhandlung. Rechtsanwalt R wird mit Empfangsbekenntnis geladen. Gleichzeitig ordnet das Arbeitsgericht das persönliche Erscheinen des klagenden Arbeitnehmers an und lädt A förmlich per Zustellungsurkunde. In der Güteverhandlung wird eine vergleichsweise Einigung erzielt.
Es sind keine Gerichtsgebühren zu zahlen und Auslagen werden nicht erhoben.
Rz. 23
Auch ohne Einzahlung eines Vorschusses ist die Klage rechtshängig geworden. Für das Arbeitsgericht, das heißt die Landeskasse, sind durch die Klageerhebung zwei Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 8210 KV) entstanden. Ferner sind Auslagen für die Zustellungen angefallen. Auslagen für bis zu zehn Zustellungen werden nur neben Gebühren nicht erhoben, Nr. 9002 KV. Die Gebühren für das Verfahren entfallen nach Vorbemerkung 8. Die Auslagen werden je nach landesrechtlicher Praxis nicht geltend gemacht.
Rz. 24
Soweit ein Streit darüber besteht, ob die Vorbemerkung 8 zur Anlage 1 des GKG entsprechend auf außergerichtliche Vergleiche anwendbar ist, sollte dieser Streit dadurch vermieden werden, dass im gerichtlichen Verfahren ein weiterer (prozessualer) Vergleich mit dem Inhalt geschlossen wird, dass das gerichtliche Verfahren mit dem außergerichtlichen (materiell-rechtlichen) Vertrag erledigt ist. In Bezug auf die Kosten ist in aller Regel davon auszugehen, dass diese gegeneinander aufgehoben werden. Es kann auch eine außergerichtliche Kostenvereinbarung übernommen werden. Jedenfalls sollte er dem Arbeitsgericht mitgeteilt werden. Sonst erhält der Kläger in jedem Fall nach sechs Monaten (§ 9 Abs. 2 GKG) eine Rechnung vom Arbeitsgericht über die Gerichtsgebühren. Da entgegen der sonstigen Post die Gerichtskostenrechnungen direkt den Parteien zugeschickt und die Prozessbevollmächtigten auch nicht abschriftlich informiert werden, werden diese Rechnungen häufig von den Prozessbevollmächtigten rechtlich nicht überprüft, sondern anstandslos bezahlt. Der Mandant geht häufig davon aus, dass Schreiben des Gerichts inhaltlich auch richtig sind. Hier sollte der Anwalt ...