Rz. 426

Der Anwendungsbereich des HKEntfÜ erfasst nur Kinder, die noch nicht 16 Jahre alt sind (vgl. Art. 4 S. 2 HKEntfÜ) und die sich gem. Art. 4 S. 1 HKEntfÜ unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückbehalten in einem Vertragsstaat gewöhnlich (i.S. ihres Daseinsmittelpunkts)[568] aufgehalten haben[569] (womit grundsätzlich ein Aufenthalt von sechs Monaten erforderlich ist).[570] Lag ein mehrfach wechselnder Aufenthalt von weniger als sechs Monaten vor, nimmt die Judikatur[571] mehrfachen gewöhnlichen Aufenthalt an, womit das HKEntfÜ nicht anwendbar ist.[572]

 

Rz. 427

Hinweis: Ein Kind unter 16 Jahren unterfällt (anders als nach Art. 1 lit. a des Luxemburger Sorgerechtsübereinkommens; siehe Rdn 453 ff.) dem HKEntfÜ auch dann, wenn es seinen Aufenthalt selbst bestimmen darf.[573]

 

Rz. 428

Regelungsgegenstand des HKEntfÜ ist also die Sorgerechtsverletzung (allein) im Falle einer Entführung ins Ausland mit dem Ziel einer schnelleren Hilfeleistung (ohne das doch schwerfällige Procedere einer Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen nach dem Luxemburger Sorgerechtsübereinkommen).[574] Das Abkommen schafft (in Anlehnung an den possessorischen Besitzschutz gegen verbotene Eigenmacht) einheitliches materielles Recht für internationale Sachverhalte in Gestalt von Kindesentführungen ins Ausland, wobei eine abschließende Entscheidung (petitorisch) in dem Staat erfolgt, aus dem das Kind entführt worden ist. Daneben kann das Abkommen wegen seiner organisatorischen Regelungen aber auch der "internationalen Rechtshilfe in Zivilsachen" zugerechnet werden.

[569] Vgl. dazu BVerfG NJW 1999, 631 = FamRZ 1999, 85 (unter C. III. 2. a. bb.).
[572] So OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 955. Vgl. zudem Kegel, in: FS für Rehbinder, 2002, S. 701, 705 f.; a.A. hingegen OLG Stuttgart FamRZ 2003, 959, 960: wechselnder einfacher gewöhnlicher Aufenthalt.
[573] So Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 20 XI. 5. c) bb).
[574] Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, § 20 XI. 5. c) bb).

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