Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 164
Die Ehegatten können nach Art. 5 Abs. 1 Rom III-VO das auf die Ehescheidung oder die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende Recht durch Vereinbarung weitgehend frei bestimmen (umfassende Rechtswahlmöglichkeit der Parteien i.S.d. Möglichkeit, ein "möglichst scheidungs-/trennungsfreundliches Recht" zu wählen), sofern es sich dabei um das Recht eines der folgenden Staaten handelt:
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das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen (gemeinsamen) Aufenthalt haben (lit. a – in Anlehnung an Art. 3 Abs. 1 lit. a 1. Spiegelstrich EUEheVO 2003), oder |
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das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen (gemeinsamen) Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (lit. b – in Anlehnung an Art. 3 Abs. 1 lit. a 2. Spiegelstrich EUEheVO 2003), oder |
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das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt (lit. c – Heimatrecht), oder |
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das Recht des Staates des angerufenen Gerichts (lit. d – "Gericht" i.S.d. Begriffsbestimmung in Art. 3 Nr. 2 Rom III-VO – womit ein "Gleichlauf" zwischen Zuständigkeit und anwendbarem Scheidungsrecht erreicht werden kann). |
Rz. 165
Eine Rechtswahlvereinbarung kann grundsätzlich jederzeit, spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts, geschlossen oder auch geändert werden (Art. 5 Abs. 2 Rom III-VO – Zeitpunkt der Rechtswahl). Sieht das Recht des Staates des angerufenen Gerichts dies vor, so können die Ehegatten nach Art. 5 Abs. 3 Rom III-VO die Rechtswahl vor Gericht auch im Laufe des Verfahrens vornehmen. Das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung oder einer ihrer Bestimmungen bestimmen sich nach Art. 6 Abs. 1 Rom III-VO (in Anlehnung an Art. 10 EUEheVO 2003) nach dem Recht, das nach der Rom III-VO anzuwenden wäre, wenn die Vereinbarung oder die Bestimmung wirksam wäre. Die Rechtswahlvereinbarung nach Art. 5 Abs. 1 und 2 Rom III-VO bedarf der Schriftform, der Datierung sowie der Unterzeichnung durch beide Ehegatten (Art. 7 Abs. 1 S. 1 Rom III-VO); strengere Formvorgaben sind gem. Art. 7 Abs. 2 bis 4 Rom III-VO nach dem Recht der Mitgliedstaaten möglich.
Rz. 166
Das in Ermangelung einer Rechtswahl nach Art. 5 Rom III-VO anzuwendende Recht (objektive Anknüpfung) bestimmt sich gemäß der Anknüpfungsleiter des Art. 8 Rom III-VO wie folgt: Es gelangt
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das Recht des Staates zur Anwendung, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen (gemeinsamen) Aufenthalt haben (lit. a – in Anlehnung an Art. 3 Abs. 1 lit. a 1. Spiegelstrich EUEheVO 2003), hilfsweise |
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das Recht des Staates zur Anwendung, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen (gemeinsamen) Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (lit. b – in Anlehnung an Art. 3 Abs. 1 lit. a 2. Spiegelstrich EUEheVO 2003), hilfsweise |
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das Recht des Staates zur Anwendung, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen (lit. c), hilfsweise |
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das Recht des Staates des angerufenen Gerichts (lex fori – lit. d). |