Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 142
Ein in einem Mitgliedstaat erstrittener Titel kann in einem anderen Mitgliedstaat nur nach Maßgabe der Art. 43 ff. der VOen vollstreckt werden (Ausschließlichkeit des Verfahrens, was zu einer Verdrängung der nationalen Vorschriften führt).
Rz. 143
Die in einem Mitgliedstaat ergangenen und in diesem Staat vollstreckbaren Entscheidungen sind nach Art. 42 der VOen in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten dort nach den Verfahren der Art. 44 bis 57 der VOen für vollstreckbar erklärt worden sind (Notwendigkeit einer Vollstreckbarerklärung). Die Vollstreckbarkeit setzt damit in Güterrechtsangelegenheiten weiterhin ein (am Vorbild der Art. 38 bis 52 Brüssel Ia-VO orientiertes) Exequaturverfahren voraus, weil der europäische Gesetzgeber (vor dessen Abschaffung) zunächst einmal die weitere Entwicklung der Justiziellen Zusammenarbeit im Güterrecht abwarten wollte. Allerdings findet in Bezug auf die Vollstreckbarerklärung ein beschleunigtes Verfahren nach Art. 47 der VOen statt: unverzügliche Vollstreckbarerklärung ohne Prüfung nach Art. 37 der VOen. Für das Verfahren der Antragstellung ist nach Art. 45 Abs. 1 der VOen das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates (lex fori) maßgeblich. Sobald die in Art. 45 der VOen vorgesehenen Förmlichkeiten erfolgt sind, wird die Entscheidung nach Art. 47 S. 1 der VOen unverzüglich für vollstreckbar erklärt (unverzügliche Vollstreckbarerklärung), ohne dass eine Prüfung nach Art. 37 der VOen erfolgt ("reduzierter Prüfungsumfang"): sog. beschleunigtes Verfahren.
Rz. 144
Die Vollstreckbarerklärung darf von dem mit einem Rechtsbehelf gem. Art. 49 oder 50 der VOen befassten Gericht nach der Klarstellung des Art. 51 S. 1 der VOen nur aus einem der in Art. 37 der VOen aufgeführten Gründe (Gründe für die Nichtanerkennung) versagt oder aufgehoben werden (Versagung oder Aufhebung einer Vollstreckbarerklärung).
Rz. 145
Ist eine Entscheidung nach dem vierten Kapitel der VOen (Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Entscheidungen) anzuerkennen, so ist der Antragsteller nach Art. 53 Abs. 1 der VOen nicht daran gehindert, einstweilige Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates in Anspruch zu nehmen, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung nach Art. 47 der VOen bedarf.
Rz. 146
Der Partei, die in einem Mitgliedstaat die Anerkennung, Vollstreckbarerklärung oder Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung beantragt, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts im Vollstreckungsmitgliedstaat nach Art. 56 der VOen keine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung auferlegt werden.