Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
1. Inkrafttreten
Rz. 75
Das Haager Übereinkommen über das auf Ehegüterstände anzuwendende Recht vom 14.3.1978 ist in Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden am 1.9.1992 in Kraft getreten. Weitere Vertragsstaaten sind Österreich und Portugal, die das Abkommen jedoch noch nicht ratifiziert haben. Das Abkommen sucht einen Mittelweg zwischen Staatsangehörigkeits- und Domizilrecht und wird damit recht kompliziert. Außerdem hatte Kegel vor Inkrafttreten der EUGüVO (Rdn 87 ff.) die Anknüpfung an den Parteiwillen (wenn auch von Art. 15 Abs. 2 und 3 EGBGB a.F. angenommen) als rechtspolitisch bedenklich erachtet. Deutschland ist bisher nicht Vertragsstaat. Das Übereinkommen gewinnt daher aus deutscher Sicht nur dann an Bedeutung, wenn eine Gesamtverweisung auf das Recht eines der genannten Staaten (für das das Abkommen bereits in Kraft getreten ist) stattfindet.
2. Rechtswahl
Rz. 76
Das Übereinkommen erfasst nach seinem Art. 1 allein das für Ehegüterstände maßgebende Recht, nicht jedoch Unterhaltspflichten zwischen den Eheleuten, Erbrechte des überlebenden Ehegatten bzw. den Einfluss der Ehe auf die Geschäftsfähigkeit. Als loi uniforme gilt es gem. Art. 2 auch gegenüber Angehörigen von Drittstaaten. Art. 3 gestattet den Verlobten die Wahl des maßgeblichen materiellen Rechts (das für das gesamte Vermögen der späteren Ehegatten gilt – mit Ausnahme aller oder einzelner Grundstücke, für die – unabhängig, ob ansonsten eine Rechtswahl erfolgt oder nicht – auch für künftig zu erwerbende Grundstücke das Belegenheitsrecht gewählt werden kann) in Gestalt
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des Heimatrechts, |
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des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts eines von ihnen im Zeitpunkt der Wahl oder |
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des Rechts des ersten gewöhnlichen Aufenthalts eines Ehegatten nach der Heirat. |
Rz. 77
Treffen die Verlobten keine Rechtswahl hinsichtlich des für sie maßgeblichen Güterrechts, gelangt nach Art. 4 Abs. 1 das materielle Recht ihres ersten gewöhnlichen Aufenthalts während der Ehe zur Anwendung, über das nach Art. 4 Abs. 2 jedoch das materielle Recht ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit dann herrscht, wenn
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ein Staat sich dies für seine Staatsangehörigen vorbehalten hat (Art. 5) – Nr. 1; |
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die Ehegatten einem Nichtvertragsstaat angehören, der sein eigenes materielles Recht auf sie anwendet, und sie ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe in einem Staat nehmen, der den genannten Vorbehalt (Art. 5) gemacht hat, bzw. sie ihren ersten gemeinsamen Aufenthalt während der Ehe in einem Nichtvertragsstaat nehmen, der das Recht ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit entscheiden lässt – Nr. 2; bzw. wenn |
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die Ehegatten ihren ersten gemeinsamen Aufenthalt während der Ehe nicht in demselben Staat nehmen – Nr. 3. |
Rz. 78
Der Güterstand unterliegt nach Art. 4 Abs. 3 dem materiellen Recht des Staates, mit dem die Ehegatten "am engsten verbunden sind", wenn sie unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen und sich gewöhnlich in unterschiedlichen Staaten aufhalten.
Rz. 79
Die Voraussetzungen gültiger Rechtswahl bestimmt nach Art. 10 das gewählte Recht, wobei das maßgebende Recht ausdrücklich auch in einem Ehevertrag stillschweigend gewählt werden kann (Art. 11). Nach Art. 12 S. 1 ist ein Ehevertrag dann formgültig, wenn die Form dem für den Güterstand maßgebenden materiellen Recht oder dem Recht des Abschlussortes genügt. Zwingend muss ein Ehevertrag jedoch mindestens schriftlich abgeschlossen, datiert und von beiden Ehegatten unterschrieben werden (Art. 2 S. 2). Formgültig ist eine ausdrückliche Rechtswahl dann, wenn sie nach Art. 13 S. 1 der Form des Ehevertrages im gewählten materiellen Recht oder im materiellen Recht des Abschlussortes genügt, wobei (auch hier) zumindest Schriftform, Datum und die Unterschrift beider Ehegatten erforderlich sind (Art. 13 S. 2).
3. (Un-)Wandelbarkeit des anwendbaren Rechts
Rz. 80
Eine Änderung des anwendbaren Rechts ist während der Ehe nach Art. 6 nur durch die Wahl des materiellen Rechts des Heimatstaates oder des gewöhnlichen Aufenthalts eines Ehegatten möglich. Ansonsten ist gem. Art. 7 Abs. 1 das maßgebende Recht grundsätzlich unwandelbar. Allerdings gilt die Ausnahme nach Art. 7 Abs. 2, dass (sofern weder eine Rechtswahl getroffen noch ein Ehevertrag abgeschlossen wurde) das materielle Recht des Staates, in dem...