Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
1. Vorbemerkung
a) Neuregelung des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts
Rz. 199
Das internationale Unterhaltsverfahrensrecht hat – weswegen die EuGVO seit dem 18.6.2011 (ebenso wie die EUEheVO 2003, siehe Rdn 14) nicht mehr für Unterhaltspflichten gilt (siehe Rdn 36) – mit der
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Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (fortan: EU-UnterhaltsVO) – die im Kollisionsrecht eine Unterordnung unter das HUntProt vollzieht – und dem |
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Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23.11.2007 (Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen 2007 – fortan: HUntVollstrÜbk) – hinsichtlich Kindesunterhaltsansprüchen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr des Kindes sowie Unterhaltsansprüchen zwischen (auch geschiedenen) Ehegatten – |
eine umfassende Neuregelung erfahren.
Rz. 200
Die EU-UnterhaltsVO regelt im Hinblick auf alle Formen des familienrechtlichen Unterhalts neben der Anerkennung und der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen auch die internationale Zuständigkeit. Bedeutsam ist Art. 17 Abs. 2 EU-UnterhaltsVO, wonach EU-Mitgliedstaaten, die auch durch das HUntProt gebunden sind (nicht erfasst werden damit das Vereinigte Königreich und Dänemark), eine Vollstreckung ohne Vollstreckbarerklärung ermöglicht wird.
Rz. 201
Für Verfahren, die ab dem 18.6.2011 eingeleitet wurden, gilt hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit allein noch die EU-UnterhaltsVO.
Rz. 202
Hinweis: Trotz des allgemeinen Vorrangs der EU-UnterhaltsVO für Verfahren, die seit dem 18.6.2011 eingeleitet worden sind, wird diskutiert (und letztlich bejaht), ob das LugÜ 2007 für den Fall, dass der Antragsgegner seinen Wohnsitz in Island, Norwegen oder der Schweiz hat, der EU-UnterhaltsVO vorgeht.
b) Verhältnis der EU-UnterhaltsVO zu nationalen Regelungen
Rz. 203
Die am 30.1.2009 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (EU-UnterhaltsVO) gilt seit dem 18.6.2011 in allen EU-Mitgliedstaaten – einschließlich des Vereinigten Königreichs (und Irlands, vgl. Präambel Nr. 46 f. der EU-UnterhaltsVO) und in Teilen auch für Dänemark. Sie löst im Hinblick auf unterhaltsrechtliche Ansprüche die Brüssel I-VO (sowie die EuGVVO) ab (siehe Rdn 36). Seit diesem Zeitpunkt gilt die EU-UnterhaltsVO für alle familienrechtlichen Unterhaltsansprüche und verdrängt als vorrangiges EU-Recht alle nationalen Regelungen.
2. Regelungsgehalt
a) Kein eigenständiges Kollisionsrecht
Rz. 204
Die EU-UnterhaltsVO beinhaltet – der vollständige Name mag insoweit in die Irre führen – kein eigenständiges Kollisionsrecht, sondern verweist nach ihrem Art. 15 diesbezüglich auf das HUntProt (siehe Rdn 279 ff.). Diesen Vorrang bestätigt auch Art. 3 Nr. 1 lit. c EGBGB (Anwendungsbereich; Verhältnis zu Regelungen der EG und zu völkerrechtlichen Vereinbarungen). Danach gilt, dass, sofern nicht unmittelbar anwendbare Regelungen der EG in ihrer jeweils geltenden Fassung, etwa auch der Beschluss des Rates vom 30.11.2009 ...