Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
1. Regelungsziel
Rz. 265
Im Jahre 2007 wurde – parallel zum HUntProt 2007 (siehe Rdn 279 ff.) hinsichtlich des Verfahrensrechts – das "Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen" vom 23.11.2007 (fortan: Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen 2007 – fortan: HUntVollstrÜbk) geschlossen, das im Unterschied zur EU-UnterhaltsVO (siehe Rdn 199 ff.) die Zuständigkeitsregeln nicht vereinheitlicht, sondern sich vor allem auf die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltstiteln beschränkt.
Rz. 266
Ziel des HUntVollstrÜbk ist nach dessen Art. 1, die wirksame internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen sicherzustellen, insbesondere dadurch, dass
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ein umfassendes System der Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Vertragsstaaten geschaffen wird (lit. a), |
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die Möglichkeit eingeführt wird, Anträge zu stellen, um Unterhaltsentscheidungen herbeizuführen (lit. b), |
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die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sichergestellt wird (lit. c) und |
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wirksame Maßnahmen im Hinblick auf die zügige Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen gefördert werden (lit. d). |
Rz. 267
Vorbehaltlich der Bestimmungen des HUntVollstrÜbk richten sich die Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren gemäß dessen Art. 23 nach dem Recht des Vollstreckungsstaates. Bei der Auslegung dieses Übereinkommens ist nach Art. 53 HUntVollstrÜbk seinem internationalen Charakter und der Notwendigkeit, seine einheitliche Anwendung zu fördern, Rechnung zu tragen.
2. Anwendungsbereich
Rz. 268
Das HUntVollstrÜbk ist nach Art. 2 Abs. 1 HUntVollstrÜbk anzuwenden
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auf Unterhaltspflichten aus einer Eltern-Kind-Beziehung gegenüber einer Person, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (lit. a), |
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auf die Anerkennung und Vollstreckung oder die Vollstreckung einer Entscheidung über die Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten und früheren Ehegatten, wenn der Antrag zusammen mit einem in den Anwendungsbereich des lit. a fallenden Anspruch gestellt wird (lit. b), und |
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(mit Ausnahme der Kapitel II und III) auf Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten und früheren Ehegatten (lit. c). |
Rz. 269
Jeder Vertragsstaat kann sich gem. Art. 2 Abs. 2 HUntVollstrÜbk nach Art. 62 HUntVolstrÜbk das Recht vorbehalten, die Anwendung des HUntVollstrÜbk in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 lit. a HUntVollstrÜbk auf Personen zu beschränken, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ein Vertragsstaat, der einen solchen Vorbehalt anbringt, ist nicht berechtigt, die Anwendung des HUntVollstrÜbk auf Personen der Altersgruppe zu verlangen, die durch seinen Vorbehalt ausgeschlossen wird. Gemäß Art. 2 Abs. 3 HUntVollstrÜbk kann jeder Vertragsstaat nach Art. 63 HUntVollstrÜbk auch erklären, dass er die Anwendung des gesamten HUntVollstrÜbk oder eines Teiles davon auf andere Unterhaltspflichten aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft, einschließlich insbesondere der Pflichten gegenüber schutzbedürftigen Personen, erstrecken wird. Durch eine solche Erklärung werden Verpflichtungen zwischen zwei Vertragsstaaten nur begründet, soweit ihre Erklärungen dieselben Unterhaltspflichten und dieselben Teile des Übereinkommens betreffen. Das HUntVollstrÜbk ist nach seinem Art. 2 Abs. 4 unabhängig vom Zivilstand der Eltern auf die Kinder anzuwenden.
3. Regelungsgehalt
Rz. 270
Das 2. Kapitel (Art. 4 bis 8) des HUntVollstrÜbk regelt die Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene durch die Zentralen Behörden, das 3. Kapitel (Art. 9 bis 17) des HUntVollstrÜbk die Anträge über die Zentralen Behörden – nämlich (Art. 10 bis 31 HUntVollstrÜbk) auf
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Anerkennung oder Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung; |
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Vollstreckung einer im ersuchten Staat ergangenen oder anerkannten Entscheidung; |
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Herbeiführen einer Entscheidung im ersuchten Staat, wenn keine Entscheidung vorliegt, einschließlich, soweit erforderlich, der Feststellung der Abstammung; |
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Herbeiführen einer Entscheidung im ersuchten Staat, wenn die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung nicht möglich ist oder mangels Grundlage für eine Anerkennung und Vollstreckung nach Art. 20 oder aus den in Art. 22 lit. b oder e HUntVollstrÜbk genannten Gründen verweigert wird; |
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Änderung einer im ersuchten Staat ergangenen Entscheidung; bzw. |
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Änderung einer Entscheidung, die in einem anderen als dem ersuchten Staat ergangen ist. |
Rz. 271
Das 4. Kapitel (Art. 18) des HUntVollstrÜbk regelt die Einschränkungen bei der Verfahrenseinleitung, das 5. Kapitel (Art. 19 ff.) des HUntVollstrÜbk die Anerkennung und Vollstreckung. Dabei wird nach Art. 20 Abs. 1 HUntVollstrÜbk (Grundlagen für die Anerkennung und Vollstreckung) eine in einem Vertragsstaat ("Ursprungsstaat") ergangene Entscheidung in den anderen Vertragsstaaten anerkannt und vollstreckt, wenn
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der Antragsgegner zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ursprungsstaat hatte (lit. a); |
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sich der Antragsgegner der Zuständigkeit der Behörde entweder ausdrücklich oder... |