Rz. 12
Das Berufungsurteil hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kann ein Unfallgeschädigter fiktiv die vom Sachverständigen geschätzten (über dem Wiederbeschaffungsaufwand liegenden) Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter nutzt und es zu diesem Zweck – falls erforderlich – verkehrssicher (teil-)reparieren lässt (vgl. Senatsurt. v. 29.4.2003 – VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395 ff.; v. 23.5.2006 – VI ZR 192/05, BGHZ 168, 43 ff. und v. 29.4.2008 – VI ZR 220/07, VersR 2008, 839). Im Streitfall waren die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensabrechnung nicht erfüllt, da der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das unfallgeschädigte Fahrzeug bereits vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist weiterverkauft hatte.
Rz. 13
Zwar kann der Geschädigte, der sein Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt, grundsätzlich auch vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist die Erstattung der konkret angefallenen Reparaturkosten verlangen, wenn diese den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen (Senatsurt. v. 5.12.2006 – VI ZR 77/06, VersR 2007, 372). Im Streitfall begehrte der Kläger jedoch nicht die Erstattung der konkreten Kosten der tatsächlich durchgeführten Reparatur, sondern er wollte – ebenso wie der Geschädigte in dem dem Senatsurteil v. 29.4.2008 (VI ZR 220/07, a.a.O.) zugrunde liegenden Fall – seinen Schaden fiktiv auf der Basis der vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten berechnen, obwohl er das Fahrzeug nicht mindestens sechs Monate weitergenutzt hatte. Diese Möglichkeit der Schadensabrechnung war ihm jedoch – wie der Senat bereits in seinem vorgenannten Urteil entschieden hatte – aus Rechtsgründen versagt.
Rz. 14
Die Überlegungen des Berufungsgerichts gaben keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Der Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall der Eigenreparatur werde bei der Veräußerung nicht der Restwert realisiert, so dass der Geschädigte mit seiner Abrechnung der Reparaturkosten nicht gegen das Bereicherungsverbot verstoße, konnte nicht beigetreten werden. Bei der Veräußerung des in Eigenregie reparierten Unfallfahrzeugs wird nämlich (inzident) auch der nach dem Unfall verbliebene Restwert des Fahrzeugs realisiert. Deshalb würde es – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – unter den Umständen des Streitfalles gegen das Bereicherungsverbot verstoßen, wenn der Geschädigte, der wertmäßig in geringerem Umfang eine Teilreparatur durchführen lässt, (fiktiv) die Kosten einer – tatsächlich nicht durchgeführten – vollständigen und fachgerechten Reparatur abrechnen könnte. Das Berufungsgericht hatte gerade nicht festgestellt, dass der Geschädigte im Streitfall wertmäßig in einem Umfang repariert hatte, der dem vom Sachverständigen in seinem Gutachten geschätzten Reparaturaufwand entsprach. Mithin konnte der Kläger entsprechend dem Urteil des Landgerichts lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes (vor der Reparatur), verlangen.
Rz. 15
Entgegen der Auffassung der Revision war der Schadensabrechnung der vom Sachverständigen auf dem regionalen Markt ermittelte Restwert von 18.000 EUR und nicht der Wert von 22.890 EUR zugrunde zu legen, den die Beklagte zu 2 über eine Internet-Restwertbörse ermittelt hatte.
Rz. 16
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann der Geschädigte, der ein Sachverständigengutachten einholt, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, und im Vertrauen auf den darin genannten, auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelten Restwert und die sich daraus ergebende Schadensersatzleistung des Unfallgegners wirtschaftliche Dispositionen trifft, seiner Schadensabrechnung grundsätzlich diesen Restwertbetrag zugrunde legen (vgl. Senatsurt. v. 6.3.2007 – VI ZR 120/06, BGHZ 171, 287, 290 f.; v. 10.7.2007 – VI ZR 217/06, VersR 2007, 1243, 1244 und v. 13.10.2009 – VI ZR 318/08, VersR 2010, 130). Die Revision zog nicht in Zweifel, dass auf dem regionalen Markt ein Restwerterlös von 18.000 EUR zu erzielen gewesen wäre.
Rz. 17
Darüber hinaus bezogen sich die von der Beklagten zu 2 übermittelten Restwertangebote auf das unreparierte Fahrzeug und waren zu dem Zeitpunkt, als der Kläger das Fahrzeug in Eigenregie repariert und weiterverkauft hatte, längst abgelaufen. In einer solchen Situation muss der Geschädigte – entgegen der Auffassung der Revision – grundsätzlich nicht den Haftpflichtversicherer über den nunmehr beabsichtigten Verkauf seines Fahrzeugs informieren und ihm zur Einholung neuer Angebote Gelegenheit geben, weil andernfalls die dem Geschädigten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde, die ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet und deshalb auf seine individuelle Situation und die konkreten Gegebenheiten des Schadensfalles abstellt (vgl. Senatsurt. v. 12.7.2005 – VI ZR 132/04, VersR 2005, 14...