Rz. 200
Das Berufungsurteil hielt revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hatte zutreffend erkannt, dass die Klägerin bei der von ihr gewählten fiktiven Schadensberechnung keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Reparaturbestätigung hatte. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist insoweit nicht zulässig.
Der Geschädigte eines Kraftfahrzeugsachschadens hat bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die Wahl, ob er fiktiv nach den Feststellungen eines Sachverständigen oder konkret nach den tatsächlich aufgewendeten Kosten abrechnet. Bei fiktiver Abrechnung ist der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln. Der Geschädigte, der im Gegenzug nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen, disponiert hier dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf einer objektiven Grundlage zufrieden gibt (Senatsurt. v. 3.12.2013 – VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn 10).
Rz. 201
Entscheidet sich der Geschädigte für die fiktive Schadensabrechnung, sind die im Rahmen einer tatsächlich erfolgten Reparatur angefallenen Kosten nicht (zusätzlich) ersatzfähig. Der Geschädigte muss sich vielmehr an der gewählten Art der Schadensabrechnung festhalten lassen; eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (vgl. Senatsurt. v. 15.7.2003 – VI ZR 361/02, VersR 2004, 1575; v. 15.2.2005 – VI ZR 172/04, BGHZ 162, 170, 175; v. 30.5.2006 – VI ZR 174/05, NJW 2006, 2320, 2321 Rn 11; v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05, BGHZ 169, 263 Rn 15; v. 13.9.2016 – VI ZR 654/15, MDR 2017, 27 Rn 17). Übersteigen die konkreten Kosten der – ggf. nachträglich – tatsächlich vorgenommenen Reparatur einschließlich der Nebenkosten wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag, bleibt es dem Geschädigten – im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Schadensabrechnung und der Verjährung – im Übrigen unbenommen, zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten überzugehen (vgl. Senatsurt. v. 18.10.2012 – VI ZR 17/11, NJW 2012, 50; v. 17.10.2006 – VI ZR 249/05, BGHZ 169, 263; v. 20.4.2004 – VI ZR 109/03, BGHZ 158, 388, 391 f.). Nach diesen Grundsätzen hatte die fiktiv abrechnende Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz der im Rahmen der konkret durchgeführten Reparatur angefallenen Kosten für die Reparaturbestätigung. Bei den geltend gemachten Kosten für die Reparaturbestätigung des Sachverständigen handelte es sich nicht um Kosten, die nach der gewählten fiktiven Berechnungsweise zur Wiederherstellung des Unfallfahrzeugs erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB waren. Es handelte sich vielmehr um eine Position, die ursächlich auf der freien Entscheidung der Klägerin beruhte, ihr Fahrzeug nicht in einem Fachbetrieb, sondern in Eigenregie reparieren zu lassen. Auf die Motivation der Klägerin, im Hinblick auf eine mögliche spätere Veräußerung des Fahrzeugs oder einen eventuellen weiteren Unfallschaden an derselben Fahrzeugstelle den Nachweis einer ordnungsgemäß durchgeführten Reparatur vorzuhalten, kam es in diesem Zusammenhang nach der eigenen Disposition der Klägerin nicht an.
Rz. 202
Entgegen der Auffassung der Revision änderte hieran auch der Umstand nichts, dass die Klägerin dem Beklagten durch ihre Entscheidung für eine fiktive Schadensberechnung den Ersatz von Umsatzsteuer erspart hatte, die bei einer konkreten Berechnungsweise auf die tatsächlich durchgeführte Reparatur angefallen wäre. Die Nichtersatzfähigkeit tatsächlich nicht angefallener Umsatzsteuer ist vielmehr direkte Folge der gesetzlichen Regelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB und der darin liegenden Begrenzung der Dispositionsfreiheit des Geschädigten (vgl. hierzu zuletzt Senatsurt. v. 13.9.2016 – VI ZR 654/15, MDR 2017, 27 Rn 11 m.w.N.).
Rz. 203
Etwas anderes könnte gelten, wenn die Reparaturbestätigung aus Rechtsgründen zur Schadensabrechnung erforderlich gewesen wäre, etwa im Rahmen der Abrechnung eines zusätzlichen Nutzungsausfallschadens. Die Reparaturbescheinigung wäre – ihre Eignung im Übrigen vorausgesetzt – dann als Nachweis der tatsächlichen Gebrauchsentbehrung erforderlich zur Rechtsverfolgung im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Entsprechendes kann im Fall der den Wiederbeschaffungsaufwand überschreitenden fiktiven Reparaturkosten für den Nachweis der verkehrssicheren (Teil-)Reparatur des Unfallfahrzeugs und damit des tatsächlich bestehenden Integritätsinteresses des Geschädigten gelten. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall.