I. Neuerungen

1. Gesetzeszweck

 

Rz. 1

Nach früherem Recht konnte Sondereigentum nur an Räumen, nicht aber am Grundstück begründet werden. Funktioneller Ersatz für das Sondereigentum am Grundstück war das Sondernutzungsrecht, das zwischenzeitlich auch Eingang in das Gesetz fand (s. etwa § 5 Abs. 4 S. 2, 3 WEG a.F.). Nach 70 Jahren erkannte der Gesetzgeber nunmehr, dass Sondernutzungsrechte mangels gesetzlicher Regelung streitanfällig seien, und will dem durch die Möglichkeit entgegenwirken, Sondereigentum auch am Grundstück zu begründen.[1] Dies erscheint von vorneherein aus drei Gründen zweifelhaft. Erstens sind es, wie die Novelle 2007 in exemplarischer Deutlichkeit zeigte, regelmäßig gerade die gesetzlichen Neuerungen, die infolge ihrer Mangelhaftigkeit zu Streit führen. Dies dürfte sich mit den neuen Regelungen zum Sondereigentum am Grundstück fortsetzen. Zweitens bleibt von vorneherein unklar, welche Streitigkeiten die fehlenden gesetzlichen Regelungen zum Sondernutzungsrecht überhaupt hervorgerufen haben sollen. Die Masse der bisherigen Streitigkeiten drehten sich um Zuweisung, Abgrenzung und Nutzung von Sondernutzungsrechten und werden sich nun im neuen Gewand des Sondereigentums ebenfalls ergeben. Schließlich können die neuen Regelungen den vermeintlichen Problemen des Sondernutzungsrechtes schon deshalb nicht abhelfen, weil sie weder zwingend sind noch das Sondernutzungsrecht komplett ersetzen können.

[1] BT-Drucks 19/18791, S. 37.

2. Änderungen im Gesetzestext

 

Rz. 2

Die Änderungen im Gesetzestext sind vergleichsweise geringfügig. Im Wesentlichen konzentrieren sie sich auf § 3 Abs. 1 S. 2 WEG (Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen), § 3 Abs. 2 WEG (Sondereigentum an sonstigen Grundstücksteilen) und § 3 Abs. 3 (Bestimmbarkeit). In § 5 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 sowie § 7 Abs. 4 Nr. 1 und § 13 Abs. 1 WEG finden sich redaktionelle Folgeänderungen.

II. Typen des Sondereigentums am Grundstück

1. Selbstständiges Sondereigentum (§ 3 Abs. 1 S. 2 WEG)

a) Stellplätze (§ 3 Abs. 1 S. 2 WEG)

 

Rz. 3

Der Gesetzgeber begründet zwei Typen von Sondereigentum am Grundstück, das selbstständige und das unselbstständige. Ersteres kann alleine als eigene Einheit begründet werden. Der Gesetzestext macht dies (sehr zurückhaltend) in § 3 Abs. 1 S. 2 WEG deutlich, wonach Stellplätze als "Räume im Sinne des Satzes 1" gelten. An einzelnen Räumen kann aber Teileigentum begründet werden. Folglich können, wie die Gesetzesmaterialien unter Hinweis auf ihre wirtschaftliche Bedeutung klarstellen, Stellplätze "alleiniger Gegenstand des Sondereigentums sein."[2] Sie können also als eigenständige Einheiten mit einem Miteigentumsanteil verbunden werden.

[2] BT-Drucks 19/18791, S. 37.

b) Begriff des Stellplatzes

 

Rz. 4

Der Verweis des Gesetzgebers auf die wirtschaftliche Bedeutung als Grund dieser Teileigentumsfähigkeit[3] wirft die Frage auf, ob auch an anderen Flächen mit dieser Begründung Teileigentum begründet werden könnte. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung wäre dies durchaus denkbar, etwa bei Schwimmbädern, Schankflächen o.ä. Dem dürfte allerdings der Gesetzeswortlaut entgegenstehen. Bei weiter Auslegung wird man unter § 3 Abs. 1 S. 2 WEG noch Abstellplätze für Motor- oder Fahrräder und Elektromobile fassen können, nicht aber sonstige Flächen, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung.

[3] BT-Drucks 19/18791, S. 37.

c) Stellplätze in Gebäuden (§ 3 Abs. 2 S. 2 WEG a.F.)

 

Rz. 5

Mit der Zuerkennung der Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen selbst auf dem Grundstück werden die Sonderregelungen für Stellplätze in Gebäuden überflüssig.[4] Daher sind die Regelungen in § 3 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 WEG nicht auf Stellplätze im Freien beschränkt.[5] Sie gelten daher auch für Stellplätze innerhalb des Gebäudes. Stellplätze sind unter der Voraussetzung einer hinreichenden Bestimmbarkeit gemäß § 3 Abs. 3 WEG als abgeschlossene Räume anzusehen und können als eigene Teileigentumseinheiten in das Grundbuch eingetragen werden. Da eine entsprechende Eintragung im Grundbuch hinreichende Rechtssicherheit schafft, bedarf es einer Markierung nach § 3 Abs. 2 S. 2 WEG a.F. nicht mehr.[6]

[4] Vgl. BT-Drucks 19/18791, S. 36.
[5] BT-Drucks 19/18791, S. 37.
[6] BT-Drucks 19/18791, S. 36.

d) Duplex-, Triplex-, Quadruplexparker etc.

 

Rz. 6

Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Sondereigentumsfähigkeit erwähnen die Gesetzesmaterialien – leider bedauerlich knapp – auch Mehrfachparker. Wörtlich heißt es zur Reichweite von § 3 Abs. 1 S. 2 WEG: "Daher sind auch (…) einzelne Stellplätze in einer Mehrfachparkanlage (sogenannte Duplex- oder Quadruplexparker) erfasst."[7] Dies ist in dieser Komprimierung kaum mehr verständlich. Dass die Doppelstockgarage ein Teileigentum darstellen kann, das mehreren Wohnungseigentümern zusteht, war bislang schon weitgehend anerkannt.[8] Diese bilden dann untereinander eine Bruchteilsgemeinschaft. Dies dürfte allerdings in den Materialien nicht gemeint sein. Offenbar will der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnen, an den einzelnen Paletten Sondereigentum zu begründen. Dies dürfte aber nur dann in Betracht kommen, wenn die Fläche, auf der die Anlage steht, im Gemeinschaftseigentum verbleibt. Denn voneinander getrenntes Sondereigentum mehrerer Eigentümer an einer insgesamt im Teileigentum stehenden Anlage kommt nicht in Betracht. Dann verhalten sich die Pa...

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