Rz. 1

Unter einem Sachverständigen versteht man in der Regel eine natürliche Person, die aufgrund besonderer Sachkunde Aufklärung über allgemeine Erfahrungssätze aus ihrem Fachgebiet geben kann. Die Berufsbezeichnung des Sachverständigen, Kfz-Sachverständigen oder Verkehrssachverständigen ist jedoch in den Gesetzen und Richtlinien der Bundesrepublik Deutschland nicht eindeutig und vollumfänglich geregelt. Es besteht kein Schutz des Begriffes oder der Berufsbezeichnung. Theoretisch kann sich jede natürliche Person als Sachverständiger, Kfz-Sachverständiger oder Verkehrssachverständiger o.ä. bezeichnen. Eine Eingrenzung ist nur teilweise aus der Rechtsprechung herzuleiten.

 

Rz. 2

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass sich die im Bereich des Straßenverkehrs oder Kraftfahrzeuges tätigen Sachverständigen in folgende Hauptgruppen aufgliedern lassen:

1. Sachverständige für Kraftfahrzeugschäden und -bewertungen
2. Sachverständige für Straßenverkehrsunfälle (Rekonstruktion)
3. Sachverständige, Prüfer und Prüfingenieure für die Fahrzeugüberwachung
 

Rz. 3

Unter der Hauptgruppe 1 findet man die Mehrzahl der in Deutschland tätigen Kraftfahrzeug-Sachverständigen. Diese Hauptgruppe befasst sich im Wesentlichen mit der Begutachtung von Unfallschäden an Kraftfahrzeugen sowie der Bewertung unfallbeschädigter oder nicht beschädigter Fahrzeuge (z.B. Leasing-, Finanzierungs- oder Oldtimerbewertungen).

 

Rz. 4

In dieser Hauptgruppe sind neben einer Vielzahl von freien Sachverständigen mit entsprechender berufsorientierter Ausbildung (i.d.R. Kfz-Meister oder Ingenieur) auch eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Personen tätig, welche über keine oder nur eine unzureichende Ausbildung und Qualifikation verfügen. Eine einheitliche Ausbildungsverordnung, welche bindend wäre, existiert nicht.

 

Rz. 5

Darüber hinaus gibt es bundesweit etwa 700 im Sachgebiet Kraftfahrzeugschäden und -bewertungen öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige. Die erforderliche Ausbildung, Qualifikation und Prüfung der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ergeben sich aus den Sachverständigen – Ordnungen der einzelnen Kammern.[1]

 

Rz. 6

In der Regel wird für die öffentliche Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger für Kraftfahrzeugschäden und Bewertungen zumindest die Ausbildung als Kraftfahrzeugmeister oder Diplom-Ingenieur für Fahrzeugtechnik oder Maschinenbau gefordert.

 

Rz. 7

In den letzten Jahren kam darüber hinaus der Zertifizierung von Sachverständigen[2] eine verstärkte Bedeutung zu, wobei hier ähnliche Voraussetzungen gefordert werden.

 

Rz. 8

Im Bereich der zweiten Gruppe (Sachverständige für Straßenverkehrsunfälle bzw. Unfallrekonstruktion) sind bundesweit nur relativ wenige Sachverständige tätig. Aus den Bestellungslisten der Kammern ergeben sich hier ca. 300 öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Straßenverkehrsunfälle. Darüber hinaus sind entsprechende Sachverständige auch z.B. bei großen Sachverständigenorganisationen tätig. In der Regel handelt es sich um diplomierte oder promovierte Ingenieure oder Physiker.

 

Rz. 9

Die dritte Gruppe der Sachverständigen (Prüfer und Prüfingenieure) ist nach dem Kraftfahrsachverständigengesetz und der StVZO genau geregelt. Es handelt sich hier um die Sachverständigen und Prüfer zur regelmäßigen Kontrolle der Fahrzeuge u.a. nach § 29 StVZO (Hauptuntersuchung) oder § 47a StVZO (Abgasuntersuchung).

 

Rz. 10

Die amtlich anerkannten Prüfer und amtlich anerkannten Sachverständigen sind bei den technischen Prüfstellen der jeweiligen Länder (in den alten Bundesländern i.d.R. die ­jeweiligen TÜVs, in den neuen Bundesländern i.d.R. die DEKRA[3]) tätig. Die Prüfingenieure sind Mitglieder der amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen (z.B. ­DEKRA, GTÜ,[4] KÜS[5] u.a.). Die Ausbildung dieser Sachverständigen (Fahrzeugüberwachung) ist durch eine Verordnung genau geregelt.[6]

 

Rz. 11

In einer Vielzahl von gerichtlichen Verfahren sind nicht nur Kenntnisse in einer der Hauptgruppen, sondern gruppenübergreifende Kenntnisse, teilweise sogar in allen drei Hauptgruppen, erforderlich. Häufig bei Gericht tätige Sachverständige können daher durchaus auch Sachverstand in allen drei Hauptgruppen aufweisen. Eine Vielzahl von Sachverständigen ist z.B. für die beiden Sachgebiete bei der jeweiligen IHK (Kraftfahrzeugschäden und Bewertung sowie Straßenverkehrsunfälle) oder sogar weitere spezialisierte Fachgebiete öffentlich bestellt und vereidigt.

Bei gerichtlichen Verfahren (z.B. Bußgeldverfahren, zivile Rechtsstreite oder Strafverfahren) ist die Stellung eines Sachverständigen in den jeweiligen Prozessordnungen (z.B. ZPO,[7] StPO[8]) geregelt.

 

Rz. 12

Die Hinzuziehung des Sachverständigen erfolgt in der Praxis oft durch Vorschlag einer bestimmten Person aufgrund bekannter beruflicher Reputation oder aufgrund eines über Jahre hinweg entstandenen Vertrauensverhältnisses. Bei speziellen Fragen kann es jedoch durchaus vorkommen, dass die üblicherweise im Gerichtsbereich hinzugezo­genen Kfz- oder Verkeh...

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