Rz. 86

Jedem Testamentsvollstrecker, insbesondere solchen Personen, die nicht bereits als Berufsträger ausreichend versichert sind, ist die Absicherung des Haftpflichtrisikos durch den Abschluss einer zusätzlichen Vermögensschadenhaftplichtversicherung dringend anzuraten. Solche Versicherungen werden von verschiedenen Versicherungsgesellschaften angeboten. Für kleine und mittlere Nachlässe bestehen häufig feste Tarife; die Versicherungsprämien für größere Nachlässe werden regelmäßig individuell ausgehandelt.

 

Rz. 87

Ob die Versicherungsprämien Aufwendungen darstellen, die mit der Testamentsvollstreckervergütung abgedeckt sind oder ob es sich um Auslagen handelt, die nach §§ 2218, 670 BGB zusätzlich aus dem Nachlass entnommen werden können[92] ist streitig.[93]

Richtigerweise ist u.E. zu differenzieren:

Besteht für den Testamentsvollstrecker das Erfordernis einer Haftpflichtversicherung, um seinen Beruf überhaupt ausüben zu dürfen, gilt: Der sich durch die Einsetzung des Berufsträgers als Testamentsvollstrecker dokumentierte Wille des Erblassers wird regelmäßig dahingehend zu verstehen sein, dass er bis zur Höhe der von dem Berufsträger typischerweise unterhaltenen Deckungssumme die Aufwendungen für die Haftpflichtversicherung nicht dem Auslagenersatzanspruch zugerechnet wissen will.
Im Übrigen würde eine Abgrenzung von den allgemeinen Bürokosten auch an der praktischen Schwierigkeit einer Aufteilung scheitern. Wird hingegen, was insbesondere bei besonders werthaltigen oder risikoreichen Testamentsvollstreckungen dringend anzuraten ist, eine auf diese Vollstreckung beschränkte Zusatzversicherung (sog. Excedentenversicherung) abgeschlossen, wird von einem entsprechenden Auslagenerstattungsanspruch des Testamentsvollstreckers auszugehen sein.
 

Hinweis

In den Berufshaftpflichtversicherungen der Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist das Risiko der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker nach derzeitiger Rechtslage miteingeschlossen. Eine Änderung erscheint u.E. allerdings nicht unwahrscheinlich:

Denn spätestens nach in Kraft treten des RDG am 1.7.2008 ist die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung als stets erlaubnisfreie Nebenleistung immer zulässig.[94] Folglich wird u.E. die Argumentation, die Testamentsvollstreckung gehöre zum Kernbereich der rechtsanwaltlichen und steuerberatenden Dienstleistungen und sei deshalb in den Versicherungsschutz der Berufshaftpflichtversicherung aufzunehmen, nicht mehr auf Dauer aufrechterhalten werden können. Der Zwang zu Sparmaßnahmen bei den Versicherungsgesellschaften wird schließlich ein Übriges tun.

 

Rz. 88

Wie bei allen Versicherungen darf der Abschluss allein nicht zur Unvorsichtigkeit verleiten. Denn verschiedene Haftungssituationen sind hierdurch nicht versichert. So dürfte eine Haftung für Steueransprüche gem. § 69 AO bei vielen Versicherungsformen grundsätzlich ausgeschlossen sein.[95] Auch wissentliche Pflichtverletzungen sind nach gängigen Versicherungsbedingungen ausgeschlossen.[96] Es empfiehlt sich daher, rechtzeitig vor Annahme einer Testamentsvollstreckung die Versicherungsbedingungen zu überprüfen und ggf. den Versicherungsschutz zu erweitern. Dies ist bei den meisten Versicherern mit individueller Zusatzvereinbarung möglich.

 

Fazit

Auch als Testamentsvollstrecker gilt es, zahlreiche Haftungsfallen zu vermeiden. Mit den folgenden praktischen Handlungsoptionen können sie viele Risiken vermeiden:

1. Einen bestimmten, aber vertrauensvollen Umgang mit den Erben pflegen.
2. Durch permanente Fortbildung auf dem aktuellen Stand bleiben.
3. Rechtsprechung und Gesetzesentwicklung fortlaufend beobachten.
4. Nach Beendigung der Vollstreckung eine Entlastungsvereinbarung mit den Erben herbeiführen.
5. Ausreichende Haftpflichtversicherung bereithalten.
6. Unterlagen (einschließlich der Versicherungsunterlagen!) mindestens zehn Jahre[97] aufbewahren.
[92] So etwa: Birk, Vergütung und Aufwendungsersatz des Testamentsvollstreckers, S. 150 (Hinweis auf § 1835 Abs. 2 BGB); Rott/Schiffer, in: Pruns, Moderne Formen der Vergütung von Testamentsvollstreckern, Tagungsband zum 3. Deutschen Testamentsvollstreckertag, Bonn 2010, S. 135– 68; Rott/Kornau/Zimmermann, Praxishandbuch Testamentsvollstreckung, § 14 Rn 79; Rott, notar 2018, 43–54.
[93] Siehe Staudinger/Reimann, 2003, § 2219 Rn 35 m.w.N.
[94] Siehe hierzu bereits Schiffer/Rott, BBEV 2007, 351; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.11.2004 – I ZR 182/02.
[95] Vgl. Niemöller, in: Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, § 12 Rn 123.
[96] Vgl. für die anwaltliche Berufshaftpflichtversicherung OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2017 – 12 U 141/16.
[97] Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker verjähren nach der Reform des Verjährungsrechts grundsätzlich innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren ab Entstehung des Anspruchs (§§ 195, 199 BGB), spätestens aber zehn Jahre nach der Entstehung des Anspruchs (§ 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Deshalb sollten Unterlagen länger als drei Jahre, und zwar nach unsere...

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