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"Erben lohnt sich – bei aller Trauer im Todesfall" sagen vielfach erfreute Kinder als Erben, wenn es eine reibungslose Abwicklung im Erbfall gegeben hat.

"Faires" oder gar "gerechtes" Vererben ist nicht leicht, klagen nicht selten Eltern in der Erbberatung, wenn sie denn überhaupt eine solche suchen.

Und leider ist es nicht immer einfach, die richtige fachliche Beratung zu finden. So berichtete eine ältere Dame: "Ich habe vor über zehn Jahren ein Testament gemacht und dies direkt bei einem [vermeintlichen] Fachmann. Dort habe ich aber keine wirkliche Beratung bekommen und schon damals ein komisches Gefühl. Endlich bin ich soweit, dass sich das Testament ein richtiger Fachmann anschauen soll und es mit mir so bearbeitet, dass ich beruhigt bin." Ersteres ist Produktverkauf und das Zweite ist die aus unserer Sicht erforderliche gemeinsame Nachfolgegestaltung.

Ja, nach wie vor werden die oft erheblichen Vermögen der Nachkriegsgeneration vererbt – und das zu vererbende Vermögen scheint stetig zu steigen.[1] So ist jährlich in zehntausenden von Unternehmen und bei noch sehr viel mehr privaten Immobilien die Nachfolge zu regeln. Nur die wenigsten Menschen beschäftigen sich jedoch mit ihrem Tod und dessen Folgen. Die Absicherung ihrer Familie liegt ihnen aber dennoch sehr am Herzen. Zwischen diesen beiden Punkten hin und her gerissen fühlen sich viele Menschen bei der Frage nach ihrem letzten Willen wie gelähmt. Hier kann eine einfühlsame Beratung Wunder wirken. Ein Testamentsvollstrecker kann die Umsetzung des Erblasserwillens absichern.[2] Die Praxis zeigt, dass Erblasser das zunehmend wünschen.

In diesem Kapitel wollen wir vor allem betrachten, was ein Testamentsvollstrecker gegebenenfalls tut. Das ist ein Blick auf das, wofür der Testamentsvollstrecker vergütet wird. Erst dieser Blick ermöglicht eine fundierte Betrachtung der Testamentsvollstreckervergütung. Der Blick auf die etwaigen Aufgaben und Tätigkeiten eines Testamentsvollstreckers erscheint uns auch deshalb angebracht, weil selbst unter Fachleuten (Richter, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc.) oftmals keine wirklich konkrete Vorstellung dazu besteht, wie teilweise höchst umfangreich und komplex die Aufgabenstellungen eines Testamentsvollstreckers in der Praxis sind. Wer hier keine passende Vorstellung hat, kann auch nicht beurteilen, ob ein konkretes Testamentsvollstreckerhonorar "angemessen" iSv § 2221 BGB ist. Auch hier gilt die alte Volksweisheit: "Wissen hilft."[3] Vom "Normalfall" oder einer "durchschnittlichen" Testamentsvollstreckung als Ausgangspunkt für die Vergütungsbemessung zu sprechen, kann bei der Antwort auf die Frage nach der Angemessenheit eines Testamentsvollstreckerhonorars, die Richter, Anwälte, Testamentsvollstrecker und Erben geben müssen oder haben wollen, jedenfalls nur ansatzweise helfen.

[1] Das derzeitige Vermögen der privaten Haushalte in Deutschland wird auf 7.700.000.000.000 EUR geschätzt (https://www.n-tv.de/wirtschaft/Private-Haushalte-sind-so-reich-wie-nie-article23031731.html, Abruf vom 6.1.2022).
[2] Siehe zu den nachfolgenden Ausführungen auch schon Rott/Schiffer, in: Pruns, Tagungsband 3. Deutscher Testamentsvollstreckertag 2009, S. 105 ff.; siehe etwa auch J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, § 2.
[3] Einen lesbaren knappen Überblick geben Deringer/Deringer, AnwZert ErbR 17/2018 Anm. 1.

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