Dr. K. Jan Schiffer, Eberhard Rott
Rz. 30
Der Erfolg jeder Testamentsvollstreckung steht und fällt mit der konkreten Person des Testamentsvollstreckers. Entscheidend ist die fachliche und persönliche Kompetenz eines Testamentsvollstreckers.
I. Anforderungsprofil für einen Testamentsvollstrecker
Rz. 31
Die Anforderungen an einen Testamentsvollstrecker sind zahlreich. Idealerweise sollte ein Testamentsvollstrecker
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das volle und umfassende Vertrauen des Erblassers und möglichst auch der Erben (!) genießen; |
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über bestimmte menschliche Qualifikation verfügen (insbesondere Standfestigkeit im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Erben); |
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ausreichende Kenntnisse der konkreten wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und menschlichen Zusammenhänge bezogen auf den Erbfall besitzen; |
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sein Amt unabhängig von Eigeninteressen oder den Interessen eines Arbeitgebers führen; |
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über eine ausreichende, im Idealfall durch eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abgesicherte Bonität im Schadensfall verfügen; |
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ein Alter und einen Gesundheitszustand haben, die die Aufgabenerfüllung noch während der – voraussichtlichen – Dauer der Testamentsvollstreckung erwarten lassen; |
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hinreichend organisatorischen Background sowie Zeit haben, um sich dem Amt zu widmen. |
II. Wer wird Testamentsvollstrecker?
1. Rechtsanwälte und Notare sowie Steuerberater
Rz. 32
Augenscheinlich hat die Anwaltschaft den Kampf um ihr früheres Privileg der Testamentsvollstreckung aufgegeben. Heute werden keine Stimmen mehr laut, die sich gegen die vollständige Freigabe der geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung durch die Regelungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) wenden. Nachdem zunächst das Interesse der Anwälte an Fortbildungen im Bereich der Testamentsvollstreckung nachgelassen hatte, hat offenbar die Tendenz zu weiterer Spezialisierung dazu geführt, dass sich zunehmend auch wieder mehr Rechtsanwälte mit der aktiven Testamentsvollstreckung beschäftigen. Auf Seiten der Steuerberater war hingegen von Anfang an eine bis heute ungebrochene Zunahme der Zertifizierungen zu verzeichnen.
Rz. 33
Die Notare äußern sich in der Öffentlichkeit zu der Thematik so gut wie gar nicht. Dies hängt sicherlich damit zusammen, dass sie nach §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG einem Verbot zur Übernahme von Testamentsvollstreckungen aufgrund einer von ihnen beurkundeten letztwilligen Verfügung und gem. § 29 BNotO einem sehr restriktives Werbeverbot unterliegen.
2. Bankkaufleute und Finanzdienstleister
Rz. 34
In der Erschließung neuer Tätigkeitsfelder ist die Kreditwirtschaft den freien Berufen oftmals um Jahre voraus. Dies zeigt bereits die lange und teilweise unerfreuliche Diskussion um die Einführung des Fachberaters bei den Steuerberatern oder die Einführung des Fachanwalts für Erbrecht im Bereich der Anwaltschaft.
So hat die Kreditwirtschaft die Testamentsvollstreckung – und auch die darauf gerichtete Gestaltungsberatung – schon seit geraumer Zeit als Mittel entdeckt, ihre Geschäftsbeziehungen mit vermögenden Kunden und ihren Angehörigen auch nach dem Tode zu erhalten. Den Kunden wird der Eindruck vermittelt, der Vollzug ihrer letztwilligen Verfügungen, die Verwaltung ihres Nachlasses für die Erben und die Einhaltung ihrer Auflagen und Wünsche werde mit besonderem Sachverstand durchgeführt.
Rz. 35
Des Weiteren erscheint gewährleistet, dass die Bank "bis in alle Ewigkeit" besteht, während eine zum Testamentsvollstrecker bestimmte natürliche Person noch vor dem Erblasser versterben kann. So verwundert es nicht, dass die Grundsatzentscheidungen des BGH zur geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung, von der auch die Steuerberater profitieren, ganz wesentlich auf das Betreiben der Banken zurückgingen. Bis dahin wurde die Rechtmäßigkeit dieser Dienstleistung wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz in Zweifel gezogen.
Rz. 36
Der Umfang der Tätigkeit der Kreditinstitute auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung kann noch nicht abschließend bewertet werden. Nach einer anfänglichen Euphorie machte sich schon wenige Jahre nach den von den Finanzinstituten maßgeblich herbeigeführten Urteilen unter den Banken und Sparkassen Ernüchterung breit. Die Institute, die die Testamentsvollstreckung schon vor den Entscheidungen des BGH betrieben, fühlen sich bestätigt und gingen nach unserer Beobachtung das Tätigkeitsfeld nochmals offensiver an. In diesem Zusammenhang wurden teilweise den speziellen Bedürfnissen dieser Art von Testamentsvollstreckung angepasste Vergütungsstrukturen entwickelt. Andere Institute zeigen sich zwar interessiert und schickten ihre Mitarbeiter zu Fortbildungsveranstaltungen, bleiben in der praktischen Umsetzung zunächst zurückhaltend. Die bei großen Unternehmen typischen Ängste vor einem nicht zu bewältigenden administrativen Aufwand, Controlling, Haftung und internem Kompetenzgerangel wurden als Gründe ausgemacht. Seit dem Rückgang des klassischen privaten Bankgeschäftes ist nunmehr wieder eine deutlich verstärkte Tendenz der Banken ...