Rz. 97

Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle (DT). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 (siehe Rdn 1 ff.) verwiesen. Ein Ehegattenunterhaltsanspruch besteht im Fallbeispiel nicht. In diesem Zusammenhang ist insbesondere ist nochmals auf Folgendes hinzuweisen:

 

BGH, Beschl. v. 29.9.2021 – XII ZB 474/20 Rn 32

(a) Der Bedarf bemisst sich beim Kindesunterhalt gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Kindes, die es regelmäßig bis zum Abschluss seiner Ausbildung von den Eltern ableitet. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats kommt es auch beim Unterhalt minderjähriger Kinder auf die Lebensstellung beider Eltern an (Senatsbeschluss BGHZ 227, 41 = FamRZ 2021, 28 Rn 14), …

 

Hinweis

Da nur die Zahlungspflichten in Bezug auf Minderjährigenunterhalt hier von Bedeutung sind und die Haftung hierfür ohnehin auf den Bedarf begrenzt ist (vgl. nur BGH Beschl. v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16 Rn 13), der sich aus dem jeweiligen Einkommen – und nicht aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile – ergibt, ist es vorliegend und in vielen Fällen gerechtfertigt, den Bedarf nur anhand des Einkommens des Barunterhaltspflichtigen zu ermitteln.[23] Bedeutung erlangt der aus dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern ermittelte Barunterhaltsanteil des betreuenden Elternteils – er leistet diesen in Form von Naturalunterhalt –, wenn daneben ein Ehegattenunterhaltsanspruch besteht. Denn diese Unterhaltsverpflichtung reduziert das Einkommen des unterhaltsberechtigten Elternteils (BGH Beschl. v. 15.2.2017 – XII ZB 201/16 Rn 14), was zu einer Erhöhung des Ehegattenunterhalts führen kann. Für diesen Bereich des Minderjährigenunterhalts sollte jedoch im Hinblick auf die Praxistauglichkeit der Berechnungsweisen eine Einschränkung erwogen werden: eine relevante Naturalunterhaltsleistung des betreuenden Elternteils sollte nur in den Fällen bejaht werden, in denen der betreuende Elternteil ein bereinigtes Einkommen über 1.400 EUR (angemessener Selbstbehalt) hat.

 

Rz. 98

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.500 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 3 (bis 2.301 bis 2.700 EUR) zur Anwendung.

[23] Als "abgekürzte Unterhaltsermittlung" wird dies bezeichnet bei Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, § 2 Rn 206 ff.

1. Nur ein barunterhaltsberechtigtes Kind K2

 

Rz. 99

Es ist nur ein gegenüber M barunterhaltsberechtigtes Kind (K2) vorhanden.

Dem von ihm betreuten Kind K1 schuldet M keinen Barunterhalt. Bezüglich K1 besteht vielmehr eine Barunterhaltspflicht der F.

 

SüdL

Kindesunterhalt

11. (…)

11.2 Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Unterhaltsberechtigten Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind i.d.R. Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen. Zur Eingruppierung können auch die Bedarfskontrollbeträge herangezogen werden.

Vgl. auch Nr. 11.2 der im Einzelfall anzuwendenden Leitlinien.

 

Rz. 100

Eine Höherstufung um eine Stufe ist deshalb geboten. Dies setzt allerdings voraus, dass F den Barunterhalt für K1 tatsächlich leisten kann, und nicht etwa M auch diesen Barunterhalt aufbringen muss.

2. Weitere Barunterhaltspflicht des M gegenüber K1?

 

Rz. 101

Bezüglich des bei M lebenden Kindes K1 (Geschwistertrennung!) besteht eine Barunterhaltspflicht der F.

 

Rz. 102

F hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.900 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 1 (bis 1.900 EUR) zur Anwendung. Es ist nur ein (1) gegenüber F barunterhaltsberechtigtes Kind (K1) vorhanden. Eine Höherstufung um eine Stufe ist geboten. Somit kommt die Einkommensgruppe 2 (1.901 – 2.300 EUR) zur Anwendung.

 

Rz. 103

Kind K1 ist 16 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 3. Sein Bedarf beträgt damit grds. 560 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K1 beträgt somit 450,50 EUR (560 – 109,50 EUR).

 

Rz. 104

Der (notwendige) Selbstbehalt von F gegenüber dem Kind (1.160 EUR) ist gewahrt; ihr verbleiben 1.449,50 EUR (1.900 – 450,50 EUR). Mit diesen 1.449,50 EUR ist auch der angemessene Selbstbehalt (1.400 EUR) gewahrt (vgl. Rdn 110). F kann also den Barunterhalt für das von M betreute Kind K1 auch unter Wahrung ihres angemessenen Selbstbehalts aufbringen.

3. Zurück zur Barunterhaltspflicht des M gegenüber K2

 

Rz. 105

Es bleibt deshalb dabei, dass M nur einem Kind, K2, barunterhaltspflichtig ist. Seine Höherstufung in der DT kann damit erfolgen. Somit kommt die Einkommensgruppe 4 (2.701 – 3.100 EUR) zur Anwendung.

Kind K2 ist 10 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 2. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 524 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K2 beträgt also 414,40 EUR (524 – 109,50 EUR).

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