Rz. 149

Die Ansprüche können nicht einfach verrechnet werden oder wechselseitig geltend gemacht werden. Beim Wechselmodell gibt ja nicht jeder Elternteil den rechnerischen Barunterhalt des anderen für das Kind aus, sondern setzt eben auch eigene Barmittel für das Kind ein.

Es ist vielmehr ein Ausgleichsbetrag zu ermitteln,[42] der aber einen Unterhaltsanspruch des Kindes darstellt.[43]

Für diesen Anspruch sind zu berücksichtigen:[44]

die ermittelten Haftungsanteile,
das Kindergeld[45] und
die Mehrkosten, die nur auf Seiten eines Elternteils entstehen (im Fallbeispiel die Fahrtkosten des M; nicht die Wohnkosten, die fallen bei jedem Elternteil an).

M schuldet folgenden Ausgleich an F:[46]

(594 – 100 – 216 + 0 – 219 EUR) : 2 = 30 EUR

Die andere Hälfte des Kindergelds – eine Hälfte wurde bei der Bestimmung des Barbedarfs berücksichtigt – ist also zwischen den Eltern hälftig auszugleichen.

 

BGH, Beschl. v. 20.4.2016 – XII ZB 45/15 Rn 31

… auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteil am Kindergeld. Dieser steht den Elternteilen beim Wechselmodell aufgrund der von ihren gleichwertig erbrachten Betreuungsleistungen hälftig zu.

Bei der Ausgleichsberechnung ist deshalb beim Empfänger das volle Kindergeld einzusetzen. Dadurch wird vermieden, dass eine Änderung des Kindergeldbezugs die Einkommensverteilung verändert.[47]

Anders ausgedrückt:

 
Haftungsanteil M: 594 EUR
abzüglich Fahrtkosten 100 EUR
verbleiben 494 EUR
Haftungsanteil F: 216 EUR
zuzüglich Kindergeld: 219 EUR
ergibt 435 EUR
Differenz: 59 EUR
Von M zu zahlender Hälfteanteil: 30 EUR.[48]
oder:  
   
Haftungsanteil M: 594 EUR
abzüglich Fahrtkosten 100 EUR
verbleiben 494 EUR
Haftungsanteil F: 216 EUR
   
Differenz 278 EUR
F hat bereits das Kindergeld von 219 EUR, also verbleiben 59 EUR
Unterhaltsanspruch in Höhe der Hälfte 30 EUR
[42] Eine Übersicht zu den verschiedenen in der Literatur diskutierten Berechnungswegen und ein weiteres Lösungsmodell finden sich bei Bosch, FF 2015, 92.
[44] Vgl. hierzu Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 2012, 258.
[45] Von der unterhaltsrechtlichen "Gesamtabrechnung" eines Wechselmodells ist der bloße bzw. isolierte Kindergeldausgleich zu unterscheiden. Der Elternteil, der das Kindergeld nicht bezieht, kann vom anderen Elternteil Ausgleich verlangen, aber – ohne Gesamtabrechnung und entsprechenden Darlegungen – eben nur bezüglich der Hälfte des Kindergeldes, die auf den Betreuungsunterhalt entfällt. Er kann also in Form eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ein Viertel des Kindergeldes verlangen, vgl. BGH, Beschl. v. 20.4.2016 – XII ZB 45/15 und Beschl. v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15 Rn 47 u. 49.
[46] Nach Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 2012, 258.
[47] Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 2012, 258.
[48] Vgl. zum Ausgleich beim Wechselmodell auch Dethloff und Kaesling, FamRZ 2018, 73, Wohlgemuth, FamRZ 2014, 84 und Spangenberg, FamRZ 2014, 88. Spangenberg bestimmt den Ausgleichsbetrag wie folgt:

Für jeden Elternteil wird der Tabellenbetrag wie bei alleiniger Unterhaltspflicht bestimmt: M: 439 EUR; F: 399 EUR; Differenz: 40 EUR. Jedoch hat F das halbe Kindergeld an M abzuführen. Somit hätte letztlich F an M 57 EUR (97 – 40) zu zahlen.

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