Rz. 30
Inzwischen haben sich rund um das Urheberrecht internetbasierte Geschäftsmodelle entwickelt, die das Urheber- und Medienrecht selbst beeinflussen. Suchmaschinen, wie etwa Google, aber auch andere Internetdienstleister, die urheberrechtlich geschützte Inhalte aufarbeiten, setzen Hyperlinks (meist lediglich als Links bezeichnet) auf andere online gestellte Inhalte. Schon im Jahre 2003 hat sich der BGH mit der Frage befassen müssen, ob dieser "Zugriff" urheberrechtsrelevant ist und dies dann verneint, wenn das Werk als Zielobjekt nicht gegen fremde (Internet-)Zugriffe geschützt sei.
Rz. 31
In dieser Entscheidung ("Paperboy") heißt es in einem Leitsatz wörtlich:
Zitat
"Ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, ermöglicht dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender vornehmen kann. Es wird deshalb grds. kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird."
Rz. 32
Hinweis
Der EuGH hat sich in mehreren Urteilen mit Hyperlinks befasst. In dem Verfahren "Svenson" wurde das schwedische Unternehmen Retriever Sverige verklagt, welches eine Internetseite betreibt, auf der Hyperlinks eingebunden sind. Diese Links führten unter anderem zu Presseartikeln auf der Website der schwedischen Tageszeitung "Göteborgs Posten". Hiergegen richtete sich eine Klage mehrerer Journalisten, deren Presseartikel ohne Einwilligung verlinkt wurden. Das schwedische Rechtsmittelgericht legte die Sache dem EuGH vor und fragte, ob die Bereitstellung solcher Links eine öffentliche Wiedergabe darstelle, die der Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber bedürften (gem. Art. 3 Abs. 1 der Harmonisierungsrichtlinie).
Der EuGH stellt, anders als die "Paperboy"-Entscheidung des BGH fest, dass das Setzen von Hyperlinks dann der Zustimmung des Rechtsinhabers bedürfe, wenn durch die Verlinkung auf fremde Inhalte einem neuen Publikum der Zugang ermöglicht werde. Erst dann könne von einer "öffentlichen Wiedergabe" die Rede sein. Da in diesem konkreten Fall die Werke jedoch für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich waren, sei das Zielpublikum der Internetseite der Beklagten schon bei der ersten Freigabe mit eingeschlossen und somit nicht zustimmungspflichtig.
Der EuGH hat in der Entscheidung "VG Bild-Kunst" die Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen als öffentliche Zugänglichmachung eingestuft, da die von der VG Bild-Kunst vertretenen Urheber die mit Schutzmaßnahmen versehenen Kunstwerke nur einem begrenzten Nutzerkreis zuführen wollten und somit das Recht der öffentlichen Wiedergabe noch nicht "erschöpft" sei. Denn mit Umgehung der technischen Schutzmaßnahmen werde ein neues, von den Rechtsinhabern nicht vorgesehenes, Publikum erreicht.
Rz. 33
Diese Entscheidungen des EuGH sind kaum nachvollziehbar, denn einziges Kriterium für eine Zustimmungspflicht des Urhebers ist nunmehr das Erreichen eines neuen Publikums. Wann aber kann davon die Rede sein? Da der einen Link setzende Anbieter keinen Einfluss auf diese Umstände hat, besteht die Gefahr der Willkür.
Gerade aber die neuen Geschäftsmodelle im Internet benötigen verlässliche Rechtsgrundlagen.
Gleichwohl wird am Beispiel des BGH-Urteils "Internet-Radiorecorder" deutlich, dass sich um die gesetzlichen Schrankenregelungen, namentlich § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG, Geschäftsmodelle etabliert haben, die allerdings in jüngerer Zeit kritisiert werden.