Dr. Christoph Lichtenberg
Rz. 179
Wie bereits erwähnt, gelten die Regelungen der §§ 640, 641 BGB grundsätzlich auch im VOB-Vertrag. Sie werden jedoch ergänzt durch § 12 VOB/B.
Rz. 180
§ 12 Abs. 1 VOB/B regelt ausdrücklich das auch für den BGB-Vertrag ungeschrieben erforderliche Abnahmeverlangen und präzisiert dabei die Länge der angemessenen Frist.
Rz. 181
§ 12 Abs. 2 VOB/B enthält eine Sonderregelung für die Teilabnahme, also eine Vereinbarung, welche die in § 641 Abs. 1 S. 2 erwähnte Teilabnahme möglich macht. Demnach sind "in sich abgeschlossene Teile der Leistung" gesondert abzunehmen, wenn eine der Parteien dies verlangt. Eine allgemeingültige Definition, wann von einem in sich abgeschlossenen Teil auszugehen ist, konnte bislang nicht gefunden werden. Es kommt also auf den Einzelfall an, wobei in erster Linie entscheidend ist, ob die Leistung funktionell für sich bewertbar ist.
Rz. 182
§ 12 Abs. 3 VOB/B entspricht (trotz der etwas anderen Formulierung, aufgrund derer hierüber Streit besteht) § 640 Abs. 1 S. 2 BGB; die Abnahme darf bei unwesentlichen Mängeln nicht verweigert werden.
Rz. 183
§ 12 Abs. 4 VOB/B beschreibt die Vorgehensweise bei der förmlichen Abnahme.
Rz. 184
Wichtig ist § 12 Abs. 5 VOB/B, denn dieser enthält zwei weitere Fälle für eine fiktive Abnahme, die auch eintritt, ohne dass die Abnahme ausdrücklich verlangt wird. Letzteres ist in beiden Fällen Voraussetzung für die Abnahmefiktion; mit anderen Worten: Wenn eine der Parteien die Abnahme verlangt, kann es zu der fiktiven Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B nicht mehr kommen.
Rz. 185
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Nach § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B gilt die Leistung 12 Werktage (im Regelfall also 2 Kalenderwochen) nach Zugang einer schriftlichen Fertigstellungsmitteilung als abgenommen. Diese Mitteilung darüber, dass nach der Auffassung des Auftragnehmers das Werk im Wesentlichen vertragsgerecht fertig gestellt ist, kann auch z.B. in der Übersendung der Schlussrechnung liegen. |
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Gem. § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B tritt die gleiche Wirkung sechs Werktage (im Regelfall also eine Kalenderwoche) nach Beginn der Benutzung des Werkes ein. Das gilt allerdings nicht bei der Benutzung in Form der Weiterverarbeitung. Diese Fiktion ist ausgeschlossen, wenn die Benutzung erkennbar lediglich unter dem Zwang der Umstände oder zur Schadensminderung erfolgt. |
Rz. 186
In beiden Fällen ist – da es sich nicht um eine konkludente Abnahme, sondern um eine fiktive Abnahme handelt – unbeachtlich, ob der Auftraggeber mit Abnahmewillen gehandelt hat.
Rz. 187
Die ausdrückliche Rüge wesentlicher Mängel oder deren offensichtliches Vorliegen stehen der fiktiven Abnahme entgegen. Ebenso eine ausdrückliche Erklärung des Auftraggebers, nicht abnehmen zu wollen, oder die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme.