Dr. Christoph Lichtenberg
Rz. 143
Voraussetzung für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs ist – natürlich – dessen Fälligkeit. Grundsätzlich ist der Auftragnehmer vorleistungspflichtig; er hat also zuerst seine Werkleistung vollständig zu erbringen, bevor er die Vergütung verlangen kann. Das gilt für den VOB- und den BGB-Vertrag gleichermaßen.
1. Abschlagszahlungen
Rz. 144
Allerdings enthalten die VOB/B und das BGB Regelungen, nach welchen der Auftragnehmer Abschlagszahlungen verlangen kann, sodass die Nachteile der Pflicht zur Vorleistung angemessen abgemildert werden.
Rz. 145
Abschlagszahlungen sind vorläufige Zahlungen auf Grundlage einer vorläufigen Berechnung und sagen zunächst nichts darüber aus, ob die beanspruchte Zahlung auch richtig berechnet ist oder die gezahlte Vergütung dem Auftragnehmer auch endgültig zusteht. Dies lässt sich erst bei der Schlussabrechnung feststellen. Vor allen Dingen stellt die Zahlung auf Abschlagsrechnungen keinerlei Anerkenntnis des Auftraggebers dar.
a) Im VOB-Vertrag
Rz. 146
Das Recht auf Erhalt von Abschlagszahlungen sowie deren Anspruchsvoraussetzungen sind für den VOB-Vertrag in § 16 VOB/B geregelt.
Rz. 147
Gem. § 16 Abs. 1 VOB/B sind Abschlagszahlungen auf Antrag in möglichst kurzen Zeitabständen oder zu den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren, und zwar in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen.
Rz. 148
Enthält der Vertrag also einen Zahlungsplan, sind dessen Vereinbarungen hinsichtlich der vereinbarten Zeitpunkte zu beachten. Gibt es keinen vereinbarten Zahlungsplan, steht es dem Auftragnehmer im Wesentlichen frei, in passenden Abständen Abschlagszahlungen zu verlangen; zu beachten ist lediglich, dass die Zeitabstände angemessen sind. Abgerechnet werden können jeweils die bis dahin erbrachten Leistungen sowie Bauteile und Baustoffe, die entweder eigens für die Baumaßnahme angefertigt und bereit gestellt oder auf der Baustelle angeliefert sind. Im ersten Fall kommt es weder darauf an, ob es sich um Sonder- oder Serienfertigung handelt, noch ob die Bauteile angeliefert sind. Hinsichtlich der angelieferten Stoffe und Bauteile muss dem Auftraggeber allerdings entweder das Eigentum übertragen werden oder Sicherheit in entsprechender Höhe geleistet werden; die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten steht dem Bauherrn zu.
Rz. 149
Die abgerechneten Leistungen müssen vertragsgemäß erbracht worden sein. Dies führt jedoch nach einhelliger Meinung nicht dazu, dass bei mängelbehafteten Teilleistungen hierfür keine Abschlagszahlung verlangt werden kann, sondern lediglich, dass dem Auftraggeber ein dem Wert der Mängel entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Ob der in § 641 Abs. 3 BGB für bei oder nach der Abnahme aufgetretene Mängel geregelte "Druckzuschlag" auch vor der Abnahme geltend gemacht werden kann, war streitig, ist jedoch inzwischen durch die Verweisung auf § 641 Abs. 3 BGB in § 632a Abs. 1 S. 3 BGB gesetzlich geklärt. Der BGH hat aber auch – eher beiläufig – für einen Vertrag aus dem Jahr 2003 entschieden, dass das Leistungsverweigerungsrecht den Druckzuschlag "in angemessener Höhe" beinhaltet. Jedenfalls ist dessen Höhe noch stärker als ohnehin vom Einzelfall abhängig.
Rz. 150
Der "Antrag" ist (soweit nicht etwas anderes vereinbart ist) immer erforderlich, auch wenn ein Zahlungsplan vereinbart ist. Er besteht regelmäßig darin, dass eine entsprechende Abschlagsrechnung überreicht wird. In dieser hat der Auftragnehmer die abgerechneten Leistungen in einer Form nachzuweisen, welche dem Auftraggeber die rasche und sichere Beurteilung der Leistung ermöglicht. Die Vorlage einer prüfbaren Abschlagsrechnung ist also Fälligkeitsvoraussetzung; der Maßstab ist allerdings weniger streng als bei der Schlussrechnung.
Rz. 151
Die Fälligkeit der Abschlagszahlung tritt gem. § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B 21 Tage – also drei Kalenderwochen – nach Zugang der (prüfbaren) Abschlagsrechnung ein.
Rz. 152
Die in § 16 Abs. 5 Nr. 3 S. 1, 2 VOB/B vorgeschriebene Nachfristsetzung ist keine Fälligkeitsvoraussetzung, sondern (gegenüber dem BGB zusätzliche und – sofern überhaupt wirksam – vorrangige) Voraussetzung für den Eintritt des Verzugs.