Dr. Christoph Lichtenberg
Rz. 215
Da es bei Baustreitigkeiten häufig um erhebliche Summen geht, ist auch die Verzinsung der Vergütungsansprüche von Bedeutung. Während der Verzug grundlegend in § 3 behandelt wird, ist im Zusammenhang mit der Vergütung die Verzinsung interessant.
1. Im VOB-Vertrag
Rz. 216
Während hinsichtlich der Höhe der Verzugszinsen auf § 288 BGB verwiesen wird, enthält die VOB hinsichtlich des Verzugseintritts besondere, teils vom BGB abweichende Bedingungen in § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B. Deren Wirksamkeit ist zweifelhaft, weil damit sowohl von § 641 Abs. 4 BGB als auch von § 286 Abs. 3 BGB abgewichen wird. Sind die Abweichungen für den Gegner des Verwenders nachteilig, bietet es sich also an, auf die gesetzlichen Regelungen abzustellen.
Rz. 217
Nach den Regelungen der VOB/B soll grundsätzlich der Ablauf einer angemessenen Nachfrist erforderlich sein, die nach Eintritt der Fälligkeit erfolgen muss, § 12 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 und 2 VOB/B. § 641 Abs. 4 BGB soll damit also abbedungen werden. Das heißt:
Rz. 218
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Will der Auftragnehmer Verzugszinsen aus einer Abschlagsrechnung geltend machen, muss er zunächst 21 Kalendertage ab deren Zugang beim Auftraggeber abwarten. Dann muss er eine angemessene Nachfrist setzen; angemessen ist die Frist, wenn der Auftraggeber unter regelmäßigen Umständen die Zahlung innerhalb dieser bewirken kann. Dabei sollte die Fälligkeitsfrist sorgfältig berechnet werden, weil eine Mahnung vor Eintritt der Fälligkeit gegenstandslos ist; das gilt entsprechend für die Nachfrist. Da der Auftraggeber schon durch die Fälligkeitsregelung in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B Zeit hatte, sich auf die Zahlungsverpflichtung einzurichten, kann die Nachfrist kurz bemessen werden. Eine Frist von einer Woche sollte mindestens gewährt werden, sollte aber auch ausreichend sein. |
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Für die Geltendmachung von Verzugszinsen aus der Schlussrechnungsforderung gilt im Grunde das Gleiche. Lediglich die Frist ist eine andere; wie oben erläutert, tritt die Fälligkeit des Schlussrechnungsanspruchs mit Mitteilung des Prüfergebnisses bzw. spätestens mit Ablauf von 30 bzw. 60 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung ein. Es wird vertreten, dass die angemessene Nachfrist hier mindestens zwei Wochen betragen soll. Besonders überzeugend ist das hingegen nicht, da die Zeit für die Bewirkung der Zahlung die gleiche ist wie bei der Abschlagszahlung und dem höheren Aufwand bei der Prüfung bereits mit der Prüffrist Rechnung getragen wurde. |
Rz. 219
§ 16 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 und 4 VOB/B enthalten eine an § 286 Abs. 3 BGB angenäherte Regelung, wonach 30 bzw. 60 Tage nach Zugang der Rechnung Verzug auch ohne Nachfristsetzung eintritt. Damit soll der Rechtsprechung zur Unwirksamkeit der vorangegangenen Fassung Rechnung getragen werden. Wegen der darin enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe ist aber auch die Wirksamkeit dieser Neuregelung zweifelhaft.
2. Im BGB-Vertrag
Rz. 220
Im BGB-Vertrag gelten hinsichtlich des Verzugs die "normalen" Regelungen, also vor allem die §§ 286, 288 BGB.
Rz. 221
Wie oben erläutert, tritt nach dem bis zum 31.12.2017 geltenden BGB-Werkvertrag die Fälligkeit des Werklohns unmittelbar mit der Abnahme ein. Dennoch kann der Auftragnehmer (bis auf Ausnahmefälle) ohne Übergabe einer prüffähigen Schlussrechnung keinen Verzug des Auftraggebers herbeiführen. Solange diese noch fehlt, ist der Auftraggeber nicht in der Lage, den richtigen Zahlbetrag zu bestimmen. Die Nicht-Leistung hat er also nicht zu vertreten, weshalb er nicht in Verzug gerät, § 286 Abs. 4 BGB. Seit dem 1.1.2018 ist gem. § 650g Abs. 4 BGB die Übergabe einer prüfbaren Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzung.
Rz. 222
Hat der Auftragnehmer eine prüffähige Schlussrechnung übergeben, so hat er die Möglichkeit, den Verzug gem. § 286 Abs. 1 BGB durch Mahnung zu einem beliebigen Zeitpunkt herbeizuführen. Oder der Verzug tritt gem. § 286 Abs. 3 BGB 30 Tage nach Zugang der Rechnung ein. Eine (Nach-)Fristsetzung ist im Rahmen des BGB-Vertrages nicht erforderlich.
Rz. 223
Allerdings kann der Auftragnehmer nach den Regelungen des BGB Zinsen in gesetzlicher Höhe (§ 246 BGB: 4 % p.a.; § 352 HGB: 5 % p.a.) aufgrund von § 641 Abs. 4 BGB auch vor Eintritt des Verzugs geltend machen. Demnach ist nämlich die Vergütung ab dem Zeitpunkt der Abnahme zu verzinsen. Wegen dieser ausdrücklichen Regelung spielt es also im Regelfall keine erhebliche Rolle, wann der Auftragnehmer die Schlussrechnung erstellt; selbst, wenn er sich damit Zeit lässt, sind jedenfalls die gesetzlichen Zinsen ab dem Tag der Abnahme zu berechnen.