a) Vereinbarung
Rz. 28
Die AVB werden Bestandteil des Versicherungsvertrages in der bei Vertragsschluss vereinbarten und zugrunde gelegten Fassung.
Rz. 29
Beispiel
In der Hausratversicherung sind die VHB mehrfach geändert worden, so dass als AVB in Betracht kommen: VHB 1942, VHB 1966, VHB 1974, VHB 1984, VHB 1992, VHB 2000, VHB 2008, VHB 2010, VHB 2022.
Rz. 30
Vom früheren Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) genehmigte AVB wurden bis zum 1.7.1994 auch dann Bestandteil des Vertrages, wenn sie dem Versicherungsnehmer nicht ausgehändigt worden waren (§ 23 Abs. 3 AGB-Gesetz a.F.). Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen ist zum 1.5.2002 mit dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und dem Wertpapierhandel zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) verschmolzen. Nunmehr werden AVB nur dann Bestandteil des Versicherungsvertrages, wenn sie dem VN zusammen mit einer Verbraucherinformation auch tatsächlich ausgehändigt worden sind.
b) Informationspflichten (§ 7 VVG)
Rz. 31
Nach § 7 Abs. 1 VVG hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung sämtliche Vertragsunterlagen in Textform mitzuteilen. Inhaltlich dieselbe Bestimmung enthält § 312c Abs. 1 S. 1 BGB für die Verbraucherinformation in Fernabsatzverträgen. Die vorvertragliche Informationspflicht des Versicherers gilt für alle Versicherungsnehmer, also auch für juristische Personen.
Zu den Vertragsunterlagen gehört auch eine Verbraucherinformation gem. § 7 Abs. 2 VVG, die Angaben zum Versicherer, zur angebotenen Leistung, zum Vertrag und zum Rechtsweg enthalten muss (§ 7 Abs. 2 VVG). Diese VVG-Informationspflichtenverordnung (VVG-InfoV) bestimmt in § 4 InfoV, dass in einem gesonderten Produktinformationsblatt die wichtigsten Informationen enthalten und den zu erteilenden Informationen voranzustellen sind.
Rz. 32
Der Versicherungsnehmer kann auf die Informationen gem. § 7 Abs. 1 S. 1 VVG durch eine "gesonderte schriftliche Erklärung" verzichten (§ 7 Abs. 1 S. 3 VVG). Es ist zu befürchten, dass dieser Verzicht nicht die Ausnahme bleibt, sondern zur Regel wird. Ein formularmäßiger Verzicht auf Information über den Versicherungsvertrag dürfte gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB verstoßen, da von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 1 S. 1 VVG abgewichen wird. Wenn ein Versicherer durch einen formularmäßig vorgesehenen Informationsverzicht planmäßig den gesetzlichen Regeltatbestand in § 7 Abs. 1 VVG umgeht, liegt ein Missstand i.S.v. § 298 Abs. 1 VAG (früher § 81 VAG) vor, der zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen führen kann. Die regelmäßige Vereinbarung eines Informationsverzichts würde weiterhin als unlauterer Wettbewerbsverstoß i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu werten sein. Soweit daher ein Verzicht auf die gesetzlich vorgesehenen Informationen gem. § 7 Abs. 1 VVG wirksam sein kann, ist dies nur durch eine individuelle vertragliche Vereinbarung möglich, zumal § 7 Abs. 1 S. 3 VVG ausdrücklich bestimmt, dass ein Verzicht nur "durch eine gesonderte schriftliche Erklärung" zulässig ist.
c) Inhaltskontrolle
Rz. 33
Die AVB unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Versicherer der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB. Unwirksam sind daher überraschende und solche Klauseln, die den Versicherungsnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB).
Klauseln, mit denen sich der Versicherer ein uneingeschränktes Recht vorbehält, Prämien, Tarife und sonstige Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag abzuändern, sind wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam.
Nach heutiger herrschender Meinung sind AVB nicht gesetzesähnlich auszulegen, sondern so, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Hierbei ist auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen. Folgerichtig kommt es nicht auf die Entstehungsgeschichte der AVB an, da der Versicherungsnehmer typischerweise diese nicht kennt. Nur solche Klauseln unterliegen der Inhaltskontrolle, die von Rechtsvorschriften abweichen oder sie ergänzen; AVB, die mit den Vorschriften des VVG übereinstimmen, sind kontrollfrei.
Rz. 34
Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen ist abzustellen auf das
Rz. 35
Wenn AVB-Klauseln unklar sind, geht dies gem. § 305c BGB zu Lasten des Versicherers; dies gilt nicht, wenn die AVB von einem Makler entworfen und auf dessen Verlangen in den Versicherungsvertrag einbezogen worden sind.