Rz. 123
Die einzige Hauptpflicht des Versicherungsnehmers besteht darin, die vereinbarte Prämie zu zahlen (§ 1 S. 1 VVG). Die Pflicht des Versicherungsnehmers, die vereinbarte Prämie zu zahlen, ist eine echte Rechtspflicht, die eingeklagt und schuldhaft verletzt werden kann.
Der materielle Versicherungsschutz beginnt erst mit Zahlung der Erstprämie; bei der vorläufigen Deckungszusage sofort, da dann die Prämie – zunächst – gestundet wird. Voraussetzung ist jedoch, dass der Versicherungsnehmer die Prämie fristgerecht zahlt.
I. Prämienschuldner
Rz. 124
Prämienschuldner ist der Versicherungsnehmer; aber auch Bezugsberechtigter und Pfandgläubiger können Prämien zahlen, um den Fortbestand des Versicherungsvertrages zu sichern. § 34 VVG ändert insoweit §§ 267, 268 BGB ab. Ebenso kommen als Prämienschuldner der Gesamtrechtsnachfolger (§§ 1922, 1967 BGB) des Versicherungsnehmers oder der rechtsgeschäftliche Erwerber des versicherten Gegenstandes (§ 95 VVG) als Prämienschuldner in Betracht.
Mehrere Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.
II. Prämienzahlung
Rz. 125
Die Prämie ist eine Geldschuld und somit eine qualifizierte Schickschuld (§ 36 VVG). Einzahlungen beim Schalterbeamten, Abbuchungen vom Konto oder Übersendung eines gedeckten Schecks bewirken rechtzeitige Zahlung. Entscheidend für die rechtzeitige Zahlung ist die nachweisliche Einreichung des Überweisungsauftrages, nicht die Gutschrift beim Versicherer. Bei einer qualifizierten Schickschuld ist darauf abzustellen, ob der Versicherungsnehmer am Erfüllungsort (jeweiliger Wohnsitz des Versicherungsnehmers) alles getan hat, was erforderlich war, um den Versicherer zu befriedigen.
III. Teilzahlung
Rz. 126
Grundsätzlich ist die gesamte Prämie in einem Betrag zu zahlen, zu Teilleistungen ist der Versicherungsnehmer nicht berechtigt (§ 266 BGB). Nur dann, wenn der fehlende Betrag im Verhältnis zur Prämie verschwindend gering ist, kann ein Verstoß gegen § 242 BGB vorliegen, wenn der Versicherer sich darauf beruft, die gesamte Prämie sei nicht gezahlt worden.
Fehlen bei einer Prämie von 47,30 DM nur 2,70 DM, kann die Berufung auf den Prämienrückstand treuwidrig sein. Demgegenüber ist ein Prämienrückstand von 32,10 DM bei einer fälligen Prämie von 704,40 DM nicht gering und führt zur Leistungsfreiheit des Versicherers; ebenso besteht Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn 52,50 DM von einer Prämie in Höhe von 1.052,50 DM fehlen. Neuere Rechtsprechung, wann ein Prämienrückstand als verschwindend gering anzusehen ist, gibt es nicht. Aus der vorgenannten Rechtsprechung und der Rechtsprechung zur erheblichen Abweichung einer festen Taxe (§ 76 VVG) ergibt sich, dass ein Betrag von mehr als 10 % in jedem Fall als erheblich anzusehen ist.
Bei nicht ausreichender Deckung oder Teilzahlung gilt § 366 BGB analog, sodass die Zahlung der Sparte zuzuordnen ist, die von einem Versicherungsfall betroffen ist.
IV. Lastschrifteinzug
Rz. 127
Die in der Praxis immer häufiger anzutreffende Vereinbarung des Lastschriftverfahrens ist konkludent eine Stundungsvereinbarung. Aus der Schickschuld wird eine Holschuld, der Versicherungsnehmer muss nur für ausreichende Kontodeckung bei Fälligkeit der Prämie sorgen. Beim Einzugsverfahren per Lastschrift muss der Versicherer für jede Versicherungssparte die jeweils fällige Einzelprämie in einem besonderen Lastschriftbeleg anfordern. Die ausreichende Kontodeckung muss erst bei Fälligkeit der Prämie vorhanden sein; dies ist erst nach Zugang des Versicherungsscheins der Fall.
V. Teilprämie (§ 39 VVG)
Rz. 128
Bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung steht dem Versicherer die Prämie nur für den Zeitraum zu, "in dem Versicherungsschutz bestanden hat" (§ 39 Abs. 1 S. 1 VVG). Bei Rücktritt wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit (§ 19 Abs. 2 VVG) oder bei Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung steht dem Versicherer die Prämie bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder Anfechtungserklärung zu (§ 39 Abs. 1 S. 2 VVG).
Bei Rücktritt gem. § 37 Abs. 1 VVG (Zahlungsverzug bei Erstprämie) kann der Versicherer eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen (§ 39 Abs. 1 S. 3 VVG).
VI. Erstprämie (§ 33 VVG)
Rz. 129
§ 33 VVG unterscheidet zwischen der einmaligen und der laufenden Prämie. Eine einmalige Prämie wird insbesondere bei kurzfristigen Versicherungsverträgen, wie beispielsweise der Reisegepäckversicherung, vereinbart. Erstprämie und einmalige Prämie werde...