Rz. 165
Es gilt der allgemeine prozessuale Grundsatz, dass die jeweilige Prozesspartei den für sie günstigen Sachvortrag beweisen muss.
Beweispflichtig für die Gefahrerhöhung ist daher der Versicherer. Der Versicherungsnehmer hat allenfalls die Möglichkeit, den Kausalitätsgegenbeweis zu führen (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG).
Der Versicherer kann sich nach Eintritt eines Versicherungsfalles auf Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung berufen, wenn der Versicherungsnehmer oder ihm zurechenbare Personen den Versicherungsfall durch Verschulden herbeigeführt haben, es muss jedoch (mindestens) grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegen. Einfache Fahrlässigkeit wird nicht sanktioniert, so dass in diesen Fällen ein voller Leistungsanspruch besteht.
1. Vorsatz
Rz. 166
Der Versicherer ist dafür beweispflichtig, dass der Versicherungsnehmer oder ihm zurechenbare Personen die Gefahrerhöhung vorsätzlich herbeigeführt haben. Hier gilt der allgemeine zivilrechtliche Begriff, so dass auch dolus eventualis genügt. Es gelten zwar nicht die Regeln des Anscheinsbeweises, der Indizienbeweis ist jedoch anwendbar.
Vorsatz erfordert das Bewusstsein des Versicherungsnehmers von der gefahrerhöhenden Eigenschaft der von ihm vorgenommenen Handlungen. Vorsatz liegt daher noch nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände hat. Wenn der Versicherungsvertrag nach 2008 geschlossen worden ist, kann eine unwirksame Regelung der Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen zu einer entsprechenden Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG führen. Das OLG Naumburg führt aus, dass die Rechtsfolgenregelung von Obliegenheitsverletzungen zwar gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei, da sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 28 VVG abweicht. Die hierdurch entstehende Vertragslücke könne jedoch gemäß § 306 Abs. 2 BGB durch eine entsprechende Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 VVG geschlossen werden.
2. Grobe Fahrlässigkeit
Rz. 167
Grobe Fahrlässigkeit wird gem. § 26 Abs. 2 VVG vermutet: "Die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer". Der Versicherungsnehmer muss daher den Entlastungsbeweis führen, also beweisen, dass allenfalls einfache Fahrlässigkeit vorliegt.
3. Kausalität
Rz. 168
Kausalität zwischen der Gefahrerhöhung und dem Eintritt des Versicherungsfalles wird vermutet; dies ergibt sich aus § 26 Abs. 3 S. 1 VVG, der bestimmt, dass der Versicherer zur Leistung verpflichtet ist, "soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistung war".