Rz. 316
Bei Veräußerung einer versicherten Sache würde der Versicherungsschutz gem. § 80 Abs. 2 VVG (Wegfall des versicherten Interesses) entfallen. Der Erwerber einer versicherten Sache soll die Möglichkeit haben, den Versicherungsschutz zu erhalten oder neuen Versicherungsschutz zu besorgen.
I. Fortbestand des Versicherungsvertrages
Rz. 317
Wenn eine versicherte Sache veräußert wird, tritt an die Stelle des Veräußerers der Erwerber in das Versicherungsverhältnis ein (§ 95 VVG).
Der Eintritt in den Versicherungsvertrag ist auch denkbar beim Tod des Versicherungsnehmers, da nach dem Prinzip der Universalsukzession der Versicherungsvertrag auf den Erben übergeht (§§ 1922, 1967 BGB). Ist der Versicherungsvertrag für den Erben sinnlos, so erlischt der Vertrag wegen Wegfall des versicherten Interesses (§ 80 Abs. 2 VVG).
Bei einer Zwangsversteigerung der versicherten Sache sind die §§ 95–98 VVG entsprechend anwendbar (§ 99 VVG).
II. Kündigung
Rz. 318
Versicherer und Erwerber (nicht der Veräußerer) können den Versicherungsvertrag kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt für den Versicherer, wenn es nicht innerhalb eines Monats seit Kenntnis der Veräußerung ausgeübt wird (§ 96 Abs. 1 VVG). Der Erwerber ist berechtigt, das Versicherungsverhältnis mit sofortiger Wirkung oder für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode zu kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats nach dem Erwerb ausgeübt wird (§ 96 Abs. 2 VVG).
Aber:
Hatte der Erwerber keine Kenntnis vom Bestehen des Versicherungsvertrages, beginnt die Monatsfrist erst mit Kenntnis vom Bestehen des Versicherungsvertrages (§ 96 Abs. 2 S. 2 VVG).
Rz. 319
Eine Kündigung vor Veräußerung der versicherten Sache ist unwirksam; der Versicherer ist jedoch nach Treu und Glauben verpflichtet, eine unwirksame Kündigung des Versicherungsnehmers unverzüglich zurückzuweisen. Die Monatsfrist beginnt mit dem Eigentumserwerb, bei einer Zwangsversteigerung mit dem Zuschlagsbeschluss. Eine konkrete Kenntnis des Erwerbers bezüglich des Versicherers ist nicht erforderlich, es genügt, wenn ihm bekannt ist, dass bestimmte Risiken bei einem bestimmten Versicherer gedeckt sind.
III. Veräußerung
Rz. 320
Veräußerung bedeutet grundsätzlich Eigentumsübergang, also bei beweglichen Sachen Einigung und Übergabe gem. §§ 929 ff. BGB und bei Grundstücken Einigung und Eintragung gem. § 873 BGB. Erst mit der Vollendung des Eigentumserwerbs geht der Versicherungsvertrag auf den Erwerber über.
IV. Prämie
Rz. 321
Bei Veräußerung einer versicherten Sache haften Veräußerer und Erwerber für die Prämie der laufenden Versicherungsperiode gesamtschuldnerisch (§ 95 Abs. 2 VVG). Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass sich das Prämienrisiko des Versicherers nicht vergrößert.
Da der Erwerber in den bestehenden Versicherungsvertrag eintritt, ist für die Prämienberechnung auch die Versicherungsperiode maßgeblich, die mit dem Veräußerer vereinbart worden ist.
Wenn der Versicherer das Versicherungsverhältnis kündigt, ist nur der Veräußerer zur Zahlung der Prämie verpflichtet, nicht der Erwerber (§ 96 Abs. 3 VVG).