Rz. 20

Nach Einfügung des § 85a ZVG mit Wirkung v. 1.7.1979 konnten die bis dahin ergangenen Entscheidungen des BVerfG zur Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG weitgehend kompensiert werden. Der Zuschlag muss von Amts wegen versagt werden, wenn das abgegebene bare Meistgebot unter Hinzurechnung der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte 50 % des Verkehrswertes nicht erreicht. Dennoch sind die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze zu Art. 14 GG nach wie vor beachtlich, da die Wertgrenze von 50 % nur für den ersten Versteigerungstermin Gültigkeit hat.

 

Rz. 21

 

Beispiel

Bei einer Zwangsversteigerung wurde der Verkehrswert des Grundstücks auf 95.000,00 DM festgesetzt. Insgesamt belief sich das Meistgebot auf 10.500,00 DM. Der bettlägerig erkrankte Schuldner war im Versteigerungstermin nicht erschienen.

 

Rz. 22

Das BVerfG[22] hat den Zuschlag mit der Begründung aufgehoben, das Versteigerungsgericht hätte den Zuschlag nicht sofort erteilen dürfen, sondern erst in einem besonderen Verkündungstermin, § 87 ZVG. Dem Eigentümer hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, mit einem Vollstreckungsschutzantrag, § 765a ZPO, den Zuschlag evtl. noch zu verhindern.

 

Rz. 23

 

Beispiel

Zu Beginn des Versteigerungsverfahrens hatte der Eigentümer einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung gestellt, § 30a ZVG. Diesen Antrag hatte das Versteigerungsgericht bis zur Zuschlagsverhandlung nicht beschieden. Im Versteigerungstermin war der Eigentümer nicht anwesend. Mit der sofortigen Zuschlagsentscheidung wies das Versteigerungsgericht den Einstellungsantrag des Schuldners zurück.

 

Rz. 24

Das BVerfG[23] hob den Zuschlag mit der Begründung auf, der Einstellungsantrag des Schuldners hätte viel früher beschieden werden müssen, nicht erst mit der Zuschlagsentscheidung. Wäre der Antrag früher zurückgewiesen worden, wäre dem Schuldner möglicherweise der Ernst der Lage erst klar geworden und er hätte Rechtsmittel bzw. Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO noch rechtzeitig beantragen können.

[22] BVerfG vom 7.12.1977, 1 BvR 734/77, NJW 1978, 368 = Rpfleger 1978, 206.
[23] BVerfG vom 27.9.1978, 1 BvR 361/78, NJW 1979, 534 = Rpfleger 1979, 296.

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