Rz. 40
Die Bevollmächtigung mehrerer Personen birgt zwar Konfliktpotential in sich, ist aber beim Wunsch umfassender Vorsorge regelmäßig zweckmäßig. Bei Partnern mit erwachsenen Kindern werden neben dem Partner oft auch die Kinder bevollmächtigt.
Rz. 41
Wenn mehrere Kinder vorhanden sind, entspricht es oftmals dem Wunsch des Vollmachtgebers, alle Kinder zu bevollmächtigen, und zwar auch dann, wenn voraussichtlich nur ein Kind die Vollmacht ausüben wird, bspw. weil es vor Ort ist bzw. aus anderen Gründen besonders geeignet ist. Auch wenn eine Mehrzahl Bevollmächtigter Probleme und Konflikte mit sich bringen kann, so muss der Berater diesem Wunsch nicht unbedingt widersprechen. Werden nämlich nicht alle Kinder bevollmächtigt, kann die Bevollmächtigung eine "Intervention in das gesamte Familiensystem" darstellen, die den Beteiligten im Endergebnis viel größeren Ärger beschert.
a) Gestaltung (Technik/Konstruktion)
Rz. 42
Bei Bevollmächtigung mehrerer Personen sind zwei Gestaltungen geläufig: Entweder werden alle Bevollmächtigten entsprechend den vorangestellten Grundmustern I und II im Anfang der Urkunde bevollmächtigt oder der in erster Linie Bevollmächtigte (z.B. der Partner) steht als sog. Hauptbevollmächtigter vorne und die anderen Bevollmächtigen werden an späterer Stelle der Urkunde als sog. Ersatzbevollmächtigte (bzw. weitere Bevollmächtigte) gesondert geregelt (siehe Musterbaustein Rdn 43). Die erste Variante ist für den Berater einfacher zu handhaben – ein in der Praxis nicht zu unterschätzender Vorteil für den Berater und dessen Mitarbeiter (zumindest im notariellen Bereich bei Änderungen/Ergänzungen im Beurkundungstermin). Gleiches gilt für denjenigen, dem die Vollmacht vorgelegt wird. Die erste Variante erfasst die Fälle mehrerer Bevollmächtigter in Rangordnung (z.B. erst Partner, dann Kinder) nicht anders als die Fälle mehrerer Bevollmächtigter auf einer Ebene (z.B. mehrere Kinder). Zuzugeben ist allerdings, dass die zweite Variante bei einer – mit Blick auf die Funktionsfähigkeit der Vollmacht zweckmäßigerweise besser nur im Innenverhältnis geltenden (siehe Rdn 89 und Rdn 211) – Rangordnung eher der emotionalen Lage des Vollmachtgebers entspricht.
Rz. 43
Muster 1.6: Baustein Grundmuster – Ersatzbevollmächtigter
Muster 1.6: Baustein Grundmuster – Ersatzbevollmächtigter
(Standort im Grundmuster I und II: nach § 4)
§ 4a
Ersatzbevollmächtigter
Ich erteile ferner
Herrn/Frau _________________________ geb. _________________________, geboren am _________________________ in _________________________, wohnhaft _________________________,
Vollmacht (Ersatzbevollmächtigter).
Die Ersatzvollmacht wird wirksam, sobald der Ersatzbevollmächtigte eine ihm – auf seinen Namen – erteilte Ausfertigung der Vollmacht besitzt (zur Erteilung von Ausfertigungen siehe § 6).
Im Innenverhältnis, d.h. ohne Einfluss auf die Vollmacht im Außenverhältnis, soll der Ersatzbevollmächtigte von der (Ersatz-)Vollmacht erst Gebrauch machen, wenn der (Haupt-)Bevollmächtigte (§ 1) nicht mehr für mich handeln kann (z.B. wegen Tod oder Geschäftsunfähigkeit) oder will (z.B. wegen altersbedingter Gebrechlichkeit oder Wegzugs).
Ansonsten gelten für den Ersatzbevollmächtigten die gleichen Bestimmungen wie für den (Haupt-) Bevollmächtigten. Optional: Dem Ersatzbevollmächtigten steht jedoch nicht das Recht zu, die Hauptvollmacht zu widerrufen.
Rz. 44
Bei notariell beurkundeter Vollmacht kommt eine Regelung des Rangverhältnisses – mit Außenwirkung (z.B. Partner vor Kindern) – durch eine sog. sukzessive Ausfertigung der Vollmacht in Betracht. So kann der Vollmachtgeber anordnen, dass der in erster Linie bevollmächtigte Partner vom Notar sofort eine Ausfertigung der Vollmacht erhält (zum Besitz der Ausfertigung als Start der Vollmacht siehe Rdn 188), währende die Kinder die Ausfertigung erst später – unter konkret zu regelnden Umständen (i.d.R. Ausfall des Partners als Bevollmächtigter) erhalten (siehe dazu mit Musterbaustein Rdn 211, 212).
b) Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis?
Rz. 45
Bei mehreren Bevollmächtigten stellt sich – wie bei der Vertretung im Gesellschafterecht – die Frage, wie die Vertretungsbefugnis zu regeln ist; das Band ist breit, zwischen ausnahmslos jeder allein (Einzelvertretung) oder ausnahmslos immer alle bzw. zu zweit ("Vier-Augen-Prinzip"). In der Bandbreite sind diverse Differenzierungen möglich, insbes. nach der Person des Bevollmächtigten und nach dem Gegenstand der Bevol...